Die bislang vorliegende Rechtsprechung anerkennt den Gesellschaftszweck der haftungsgünstigeren Organisation des Familienvermögens, betrifft aber lediglich den vorsorgenden "in guten Zeiten" für den aktuell nicht vorliegenden und auch nicht konkret absehbaren Fall späterer Insolvenz.
Die vom Bundesgerichtshof gefundene Begründung vermag demgegenüber insgesamt nicht zu gefallen. Die "gesellschaftsvermeidende" Rechtskonstruktion von M und F ist mit Auffälligkeiten behaftet, die zu weiteren Überlegungen veranlassen:
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die Gehaltsentwicklung des M mit inadäquater Bezahlung nur und exakt in der Wohlverhaltensphase |
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die zeitlichen Zusammenhänge |
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die Neugründung einer GmbH durch F mit fast identischer, verwechslungsfähiger Firma und M als "leitendem" Angestellten bei gleichzeitigem |
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Fehlen der Möglichkeit, M als Geschäftsführer einzusetzen |
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der wirtschaftliche Niedergang der T. K. E. GmbH des M mit sukzessivem Aufschwung der T. K. A. GmbH der F |
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insgesamt kollusives Zusammenwirken der Ehegatten unter Benachteiligung der Gläubiger und Bevorteilung der F ohne deren adäquate Gegenleistung für die Wertschöpfung durch M. |
Der Insolvenzverwalter und die Gläubiger des M gehen leer aus. Die Wertschöpfung des absichtlich unterbezahlten M – also der Mehrwert – verbleibt voll bei F. Diese könnte sich – ohne rechtliche Verpflichtung – M gegenüber inzwischen durch eine freiwillige Ausgleichszahlung erkenntlich zeigen, ohne per Saldo einen Nachteil zu haben. Den Gewinn hat sie bereits beim Verkauf der GmbH mitgenommen.
Daraus folgt: Dieses Rechtsgeschäft ist für M völlig interessenwidrig (Arbeit ohne adäquaten Lohn und ohne Ausgleichsansprüche), was den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz indizieren kann (siehe oben Entscheidung des OLG Koblenz zur ehebezogenen Zuwendung). Ob eine Strategie durch eine ehebezogene Zuwendung erfolgt oder eine Rechtskonstruktion wie bei M und F kann für die Frage der Interessenwidrigkeit keinen Unterschied machen. Das Rechtsgeschäft ist von vornherein darauf angelegt, der Ehefrau anfechtbare und damit bereits "infizierte" Vorteile zu verschaffen, was nur möglich ist, wenn sie gleichzeitig den Gläubigern entgehen. Diese Wertschöpfung erfolgte durch M in dessen Wohlverhaltensphase.
Folgt man der neuen Auffassung des Bundesgerichtshofs, gelangt man zum oben genannten Ergebnis. Folgt man ihm nicht, weil das Arbeitsverhältnis dem objektiven Drittvergleich nicht standhält, kommt aber zunächst nichts anderes heraus: nicht alles, was haftungsgünstiger ist, ist auch erlaubt oder wenigstens billigenswert.
M erbrachte in der Wohlverhaltensphase eine erhebliche Wertschöpfung zugunsten seiner Ehefrau ohne deren adäquate Gegenleistung, während andere Dritte, seine Gläubiger, die eine Gegenleistung erbracht hatten, leer ausgehen.
Hier stellt sich die Frage nach den Grenzen der Gestaltungsfreiheit. Gesellschaften können nur zu einem erlaubten Zweck gegründet werden. Ihre Gründung und Führung darf nicht gegen die §§ 134, 138 oder 242 BGB verstoßen. Dies könnte im Fall des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes in Betracht kommen. In diesem Fall würde – wegen Verstoßes gegen die genannten Vorschriften – lediglich eine fehlerhafte Gesellschaft bestehen mit den auch für die Zwangsvollstreckung sich ergebenden, ebenfalls komplizierten Folgen, zumindest könnte das Rechtsgeschäft anfechtbar sein.
Ob ein Rechtsgeschäft nicht sogar sittenwidrig (und nicht nur anfechtbar) ist, wenn es von vornherein auf Gläubigerbenachteiligung angelegt ist, soll hier aus Platzgründen unerörtert bleiben; dies mag Gegenstand eines anderen Beitrags werden.
Der Fall weist eine weitere Besonderheit auf: Die Ehegatten streiten nicht untereinander, sondern – wirtschaftlich betrachtet – gemeinsam gegen den Insolvenzverwalter.
Die Aberkennung des Gesellschaftszwecks der haftungsgünstigeren Organisation des Familienvermögens nur im Fall der bereits vorliegenden oder unmittelbar bevorstehenden Insolvenz mit der Folge der faktischen Gesellschaft und der Pfändbarkeit von deren Anteilen wäre eine tragbare Lösung, die an der bisherigen Rechtsprechung nichts änderte, sondern sie nur sinnvoll ergänzte.
Die Entscheidung insinuiert, dass der Gesellschaftszweck der haftungsgünstigeren Vermögensorganisation eine strategische Blaupause zur Vermeidung einer strafbaren Täuschungshandlung bei gleichzeitigem Vermögenserhalt sei. Dies trifft in denjenigen Fällen nicht zu, in denen die Gesellschaftsgründung noch "in guten" wirtschaftlichen Zeiten erfolgt. Andernfalls trifft der genannte Vorwurf die von M und F gewählte Vermögensorganisation.