Der BGH bestätigt in dem vorstehenden Beschluss seine ständige Rspr. zur richterlichen Inhaltskontrolle von Eheverträgen. Allerdings legt er sich nicht fest, ob der Ehevertrag insgesamt als nichtig anzusehen ist, wie dies beide Vorinstanzen festgestellt haben.

Er bestätigt deren Wertung, dass der Ausschluss des VA durch den Ehevertrag nach § 138 BGB nichtig und deshalb der VA nach den gesetzlichen Regeln durchzuführen ist.

Dies stützt er auf folgende Kriterien:

subjektiv:

  • Die Schwangerschaft der Frau bewirkt eine ungleiche Verhandlungsposition.
  • Diese wird verstärkt durch die seitens des Mannes geäußerten Zweifel an seiner Vaterschaft.
  • Der Mann hat den Notarvertrag ohne Mitwirkung der Ehefrau ausgearbeitet und dem Notar vorgegeben.
  • Er macht die unmittelbar bevorstehende Eheschließung von dem Vertragsabschluss abhängig.
  • Die Ehefrau hat in ihrem erlernten Beruf als Lehrerin keine Anstellung gefunden und sieht ohne die Eheschließung einer unsicheren wirtschaftlichen Zukunft entgegen.

objektiv:

  • Der VA, der zum Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts gehört, wird ersatzlos ausgeschlossen.
  • Die Ehefrau sollte nach dem Vertrag bei Geburt eines Kindes ihre berufliche Tätigkeit aufgeben und sich der Haushaltsführung und Kinderbetreuung widmen. Erst wenn das Kind keiner Ganztagsbetreuung mehr bedürfe, sollte sie wieder eine Berufstätigkeit aufnehmen.
  • Kindererziehung und Unterbrechung der Berufstätigkeit stellten sich daher als bei Vertragsschluss vorhersehbare ehebedingte Nachteile dar.

Der Wertung des BGH und der Vorinstanzen zur Nichtigkeit des VA-Ausschlusses wird man sich im vorliegenden Fall nur anschließen können. Bedauerlich ist allerdings, dass die Frage, ob eine Gesamtnichtigkeit des Ehevertrages anzunehmen ist, trotz der inzwischen erfolgten Ausdifferenzierung der Rspr. zur richterlichen Vertragskontrolle generell immer noch schwer zu beantworten ist. Für die rechtsberatende und richterliche Praxis ergibt sich hieraus eine erhebliche Rechtsunsicherheit. Dies gilt umso mehr, als ein Zwischenfeststellungsurteil insoweit unzulässig ist und daher in jeder einzelnen Folgesache die Wirksamkeit des Vertrages incidenter geprüft werden muss.[1]

Der BGH hat die Vorentscheidung hier nur deshalb aufgehoben und das Verfahren zurückverwiesen, weil die Vorinstanz eine Zusatzversorgung, die auch eine Startgutschrift nach altem Recht enthielt, in die VA-Entscheidung einbezogen hatte und jetzt nach der Rspr. des BGH eine Aussetzung bis zur Neuregelung der Satzungen geboten ist. Die deswegen ausgesetzten Verfahren werden auch nach Inkrafttreten des neuen VA-Rechts zum 01.09.2009 nicht entscheidungsreif sein, weil der Wert dieser Anrechte weiterhin nicht feststeht. 

Margarethe Bergmann, Leitende Richterin (Koordinatorin) des Familiengerichts Köln

[1] Dies kann z.B. bei einem Auskunftsantrag zum Zugewinn dazu führen, dass das OLG bei einem ohnehin bilanzierungspflichtigen Kaufmann den Beschwerdewert nicht als erreicht ansieht und die Parteien dadurch instanzlos gestellt sind.

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