Einführung
Literatur: Schumacher/Grün, FamRZ 1998, 778, 789 ff.; Knittel, FF 1998, 35, 36 ff. und DAVorm 1998, 177, 184 ff.; Schulz, FuR 1998, 385 ff.; Gerhardt, FuR 1998, 145; Stollenwerk/Stollenwerk, ZAP 1999, Fach 11, S. 489; Weber, 1998, 1992, 2003; Kleinle, ZfJ 1998, 349, 350 ff.; Günther, NDV 1998, 157, 161 ff.; Sonnenfeld, DAVorm 1999, 169; van Els, ZKJ 2006, 535 und Rpfleger 2003, 477; Georg, Rpfleger 2004, 329; Stollenwerk/Stollenwerk, ZAP 1999, Fach 11, S. 489; Klinkhammer, Fk 2001, 5; Schulz, FuR 1998, 385; Asfour, FamRB 2002, 342; van Els/Gross/Rokitta-Liedmann, Rpfleger 1999, 297; Vogel, FPR 2002, 628; Meyer-Götz, ZFE 2002, 210; Herr, Fk 2007, 140; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 67. Aufl. 2009; Handbuch Fachanwalt Familienrecht – FA-FamR/Gerhardt, 6. Aufl.2008; Schnitzler/Bömelburg, MAH Familienrecht, 2. Aufl. 2008; Roßmann, Taktik im neuen familiengerichtlichen Verfahren.
I. Vorbemerkung
Das KindUG vom 6.4.1998 hat das Vereinfachte Verfahren (VV) nach den §§ 645 ff. ZPO mit Wirkung vom 1.7.1998 neu eingeführt. Mit dem am 1.1.2008 in Kraft getretenen Gesetz zur Änderung des Unterhalts vom 21.12.2007 ergaben sich einige weitere Änderungen, die im Wesentlichen auf dem in § 1612a BGB festgesetzten neuen Mindestunterhalt und der geänderten Kindergeldverrechnung sowie redaktionellen Anpassungen beruhten. Das Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-Reformgesetz – FGG-RG), das am 1.9.2009 in Kraft tritt, ändert erneut das Vereinfachte Verfahren zur Festsetzung des Unterhalts Minderjähriger ab. Der Beitrag verfolgt das Ziel, dieses komplexe Verfahren an Hand der neuen Rechtslage transparent zu machen.
Das VV ist ein Beschlussverfahren, das vor dem Rechtspfleger stattfindet, § 25 Nr. 2c RpflG. Es ist ein stark formalisiertes Verfahren, bei dem die mündliche Verhandlung eher die Ausnahme ist. Der Festsetzungsbeschluss nach § 253 Abs. 1 Satz 1 FamFG wird i.d.R. ohne mündliche Verhandlung erlassen. Nur das entspricht dem Zweck des VV: Einfache, schnelle und kostengünstige Schaffung eines Titels für das minderjährige – eheliche oder nichteheliche – Kind.
Im VV besteht grundsätzlich eine gerichtliche Hinweispflicht entsprechend § 139 Abs. 2 ZPO. Wird z.B. der Einwand der fehlenden Leistungsunfähigkeit im VV nicht mit dem amtlichen Vordruck erhoben, muss das Gericht auf den Mangel hinweisen und Gelegenheit zur Ergänzung geben.
Das KindUG hat den Unterhaltsanspruch in dynamisierter Form ohne Anwaltszwang eingeführt. Der Titel lautet auf einen Prozentsatz des Mindestunterhalts (§ 1612a BGB). Das minderjährige Kind hat drei Möglichkeiten, seinen Unterhalt gerichtlich geltend zu machen:
- Antrag auf festen Betrag,
- Antrag auf einen Prozentsatz des Mindestunterhalts,
- Antrag im VV.
Dabei steht dem Kind die Wahl offen, ob es das VV oder das Unterhaltsverfahren betreibt. Ein Vorrang des VV besteht nach §§ 249 ff. FamFG nicht. Entscheidet sich das minderjährige Kind für das VV, hat es gegen den Elternteil, mit dem es nicht in einem Haushalt lebt, die Wahl zwischen zwei Unterhaltsarten: Es hat einen Anspruch auf einen statischen, mithin gleich bleibenden (konkret bezifferten Fest-)Betrag gem. § 1612 Abs. 1 BGB (also ohne Anwendung der §§ 1612a und b BGB) oder auf den dynamischen Betrag für alle drei Altersgruppen nach § 1612a Abs. 1 BGB. Der veränderliche Betrag ist der Mindestunterhalt nach § 1612a Abs. 1 BGB in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes. Der Mindestunterhalt ist nach dem Alter des Kindes gestaffelt. Diese Beträge werden regelmäßig angepasst. Es gibt mithin nur noch den Prozentsatz des jeweils altersabhängigen Mindestunterhalts, wobei der Unterhalt der 3. Altersstufe nicht auf die Vollendung des 18. Lebensjahres zu befristen ist. Ein insoweit offen gehaltener Titel ermöglicht keine Dynamisierung in die 4. Alterstufe der sog. Düsseldorfer Tabelle (ab 18 Jahre). Vielmehr wird der zuletzt maßgebende Zahlbetrag auch nach der Volljährigkeit entsprechend der Anpassung des Mindestunterhalts weiter dynamisiert. Diese Dynamisierung, die im Zweijahresrhythmus erfolgt, ist nicht zwingend vorgeschrieben, sondern erfolgt nur auf Antrag, §§ 1612a BGB, 249 Abs. 1 FamFG.