Um die Unterschiede zur bisherigen Rechtslage deutlich zu machen, sollen zusammengefasst die Grundsätze des bisherigen einstweiligen Rechtsschutzes dargestellt werden. Dies ist auch deshalb sinnvoll, weil auch noch über den 1.9.2009 hinaus das bisherige Recht in den Verfahren Anwendung findet, die vor dem 1.9.2009 eingeleitet, aber noch nicht abgeschlossen wurden (Art. 111 FGG-Reformgesetz). Es wird also noch eine Zeit lang ein Nebeneinander von alter und neuer Verfahrensordnung geben.
Die bisherige Rechtslage sieht wegen der einstweiligen Anordnung in Kindschaftssachen wie folgt aus:
1. Verfahrensrechtlich kann eine solche einstweilige Anordnung im Scheidungsverbundverfahren gem. §§ 620 ff. ZPO und insbesondere in Verfahren das Sorge- und Umgangsrecht betreffend gem. § 620 Nr. 1 ZPO und Nr. 2 beantragt werden. Im isolierten Verfahren ergibt sich die Zulässigkeit aus § 621g ZPO für die Verfahren nach § 621 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3 und 7 ZPO, also insbesondere in Sorgerechts- und Umgangsverfahren. Die Rechtsprechung hatte bereits vor der Regelung des § 621g ZPO die Zulässigkeit richterrechtlich entwickelt.
Ein isoliertes einstweiliges Anordnungsverfahren gibt es nicht. Zulässig ist eine einstweilige Anordnung nur dann, wenn ein Hauptsacheverfahren anhängig ist. Es handelt sich – im Gegensatz zu Arrest und einstweiliger Verfügung – um ein verfahrensunselbständiges Eilverfahren. Dabei reicht es aus, wenn ein Prozesskostenhilfeantrag gestellt wird.
2. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt weiter voraus, dass ein dringendes Bedürfnis an einer solchen Regelung besteht. Das dringende Bedürfnis ist auch wiederum im Einzelnen darzulegen. Besondere Voraussetzungen gelten bisher für einstweilige Anordnungen in Verfahren, die von Amts wegen betrieben wurden, wie die Verfahren nach §§ 1666, 1666a BGB. Überwiegend ist anerkannt, dass einstweilige Anordnungen auch ohne Antrag erlassen werden können. Streitig ist nur, ob dies auf der Grundlage des § 621g ZPO möglich ist. Verlangt wird aber, dass ein Zuwarten bis zur endgültigen Entscheidung nicht gestattet ist, weil diese zu spät kommen und die Interessen des Kindes nicht mehr genügend wahren würde. Hier hat jetzt bereits § 50e FGG für erleichterte Erlassvoraussetzungen gesorgt, weil das Gericht unverzüglich den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu prüfen hat.
Die Rechtsprechung des BVerfG, die gerade in Sorge- und Umgangsverfahren wegen der sich aus Art. 6 Abs. 2 GG ergebenen Relevanz zu Verfahrensfragen häufig sehr konkret Stellung nimmt, verlangt bei der Bedürfnisprüfung immer eine Abwägung aller Grundrechtspositionen. Im Rahmen dieses Abwägungsvorgangs kommt dem Kindeswohl eine entscheidende Bedeutung zu. Wie das Kindeswohl sichergestellt werden kann, ist eine Einzelfallentscheidung, wobei aber dem Kontinuitätsgrundsatz eine besondere Bedeutung zukommt.
3. Voraussetzung für eine einstweilige Anordnung ist weiter eine unmittelbare Kongruenz zwischen dem Gegenstand einer einstweiligen Anordnung und der Hauptsache.
4. Ob neben einer einstweiligen Anordnung auch eine vorläufige Anordnung in Antragsverfahren von Amts wegen erlassen werden kann, ist ebenfalls umstritten. Für Umgangsverfahren wird dies bejaht, da das Familiengericht von Amts wegen gem. § 1684 Abs. 3 BGB den Umgang regeln könne.
5. Obwohl zwar immer wieder formularmäßig beantragt, wird das Gericht in aller Regel nicht ohne mündliche Verhandlung entscheiden. In Sorgerechts- und Umgangsverfahren ist auf § 620a Abs. 3 ZPO hinzuweisen. Das bedeutet, dass vor einer solchen Entscheidung das Jugendamt Gelegenheit zur Stellungnahme haben muss. Ferner soll das Kind angehört werden. Das Gericht wird also nur in absoluten Ausnahmefällen und bei besonderer Dringlichkeit eine einstweilige Anordnung ohne mündliche Verhandlung erlassen. Falls eine einstweilige Anordnung ohne mündliche Verhandlung ergangen ist, gibt es dagegen nicht das Rechtsmittel der Beschwerde, sondern den Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung gem. § 620b Abs. 2 ZPO. Dieser Antrag kann i.V.m. einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gem. § 620e ZPO gestellt werden.
6. Hinsichtlich des Rechtsmittels gilt § 620c ZPO. Erlässt das Gericht eine einstweilige Anordnung in den in § 620c ZPO genannten Fällen nach mündlicher Verhandlung, kann dagegen sofortige Beschwerde eingelegt werden. Die sofortige Beschwerde ist gem. § 621e Abs. 3 ZPO beim Oberlandesgericht binnen eines Monats ab Zustellung der Entscheidung einzulegen. Daraus können sich Probleme für die Zulässigkeit ergeben, wenn die Beschwerde irrtümlich beim Familiengericht eingereicht wird und dieses die Akte nicht innerhalb der Beschwerdefrist an das OLG weiterleitet. Der Beschwerdeführer kann dann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen, wenn sie im ordentlichen Geschäftsgang noch rechtzeitig weitergeleitet hätte werden können.
Nach der bisherigen Rechtslage ist damit eine vorläufige Umgangsregelung durch eine einstweilige Anordnung ...