Die Vorschrift lautet:
Für Verfahren, die vor dem 1.9.2009 anhängig werden, ist für den Zugewinnausgleich § 1374 des Bürgerlichen Gesetzbuches in der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung anzuwenden.
1. Anhängigmachen des Zugewinnausgleichsverfahrens vor dem 1.9.2009 im Verbund
Ist das Zugewinnausgleichsverfahren vor dem 1.9.2009 eingeleitet (= anhängig gemacht) worden, gilt neues Recht mit Ausnahme des § 1374 Abs. 3 BGB. Rechtsfolge ist, dass in diesen Verfahren das Anfangsvermögen immer mindestens 0 EUR ist. Für am 1.9.2009 laufende Verfahren gelten:
Unerheblich ist es, ob und wann das Scheidungsverfahren eingeleitet worden ist. Maßgeblich ist allein der Zeitpunkt der Anhängigkeit des Zugewinnausgleichsverfahrens. Sofern vor dem 1.9.2009 ein (begründeter) Antrag auf vorzeitigen Zugewinnausgleich nach §§ 1385, 1386 BGB a.F. anhängig gemacht worden ist, gilt § 1374 BGB a.F. Gleiches gilt, wenn vor dem 1.9.2009 (nur) ein isolierter Auskunftsanspruch nach § 1379 BGB a.F. anhängig gemacht worden ist. Art. 229 § 20 Abs. 2 EGBGB sieht bewusst nur eine Übergangsregelung für § 1374 BGB vor, denn nur in Bezug auf die Einführung des negativen Anfangsvermögens besteht ein schutzwürdiges Interesse am Fortbestand der alten Rechtslage. Die übrigen Bestimmungen dienen dem Schutz vor Manipulationen; das Vertrauen auf den Fortbestand einer Manipulationsmöglichkeit ist nicht schutzwürdig.
Praxishinweis:
Besondere Bedeutung hat § 1384 BGB, d.h. Veränderungen nach dem Stichtag haben grundsätzlich keine Bedeutung (zu Möglichkeiten des Begrenzungseinwandes s. unten XI.). In allen laufenden Verfahren in 1. und 2. Instanz ist deshalb eine Überprüfung der Anträge notwendig. Ist der Begrenzungseinwand des § 1378 Abs. 2 BGB a.F. vor dem 1.9.2009 im Verbundverfahren erhoben worden, weil eine (auch manipulierte) Verminderung des Vermögens behauptet wurde, so ist zu prüfen, ob der Antrag zu erhöhen ist.
2. Anhängigmachen des Zugewinnausgleichs nach dem 1.9.2009 und nicht rechtskräftiger Scheidung
Für alle nach dem 1.9.2009 eingeleiteten Zugewinnausgleichsverfahren gilt uneingeschränkt das neue Recht, so dass auch ein negatives Anfangsvermögen zu berücksichtigen ist.
3. Beendigung des Güterstandes durch Rechtskraft der Ehescheidung vor dem 1.9.2009 und Anhängigmachen des Zugewinnausgleichsverfahrens nach dem 1.9.2009
Nach § 1378 Abs. 3 BGB ist der Güterstand der Zugewinngemeinschaft mit Rechtskraft der Ehescheidung beendet. Die Zugewinnausgleichsforderung ist kraft Gesetzes entstanden. Die einem anderen Zweck dienende Stichtagsregelung der §§ 1384, 1387 BGB greift nicht korrigierend ein. Es handelt sich nicht um einen verhaltenen Anspruch, der durch ein Verlangen des Zugewinnausgleichsgläubigers aktualisiert werden müsste.
Gleichwohl ist ausschließlich das neue Recht anzuwenden, wenn der Zugewinnausgleichsanspruch erst nach dem 1.9.2009 anhängig gemacht wird, denn es handelt sich um einen abgeschlossenen Sachverhalt.
Soweit abweichend davon die Auffassung vertreten wird, dass sich der Zugewinn ausschließlich nach altem Recht richte, kann dem nicht gefolgt werden. Bei Rechtskraft der Ehescheidung steht häufig noch gar nicht fest, wer ausgleichsberechtigt ist. Dies gilt insbesondere, wenn der Zugewinn bis dahin überhaupt nicht problematisiert worden ist, um z.B. eine zügige Scheidung zu erreichen. Die Ausgleichsforderung ist nicht voll verkehrsfähig. Das ist erst der Fall, wenn sie durch Vertrag anerkannt oder rechtshängig geworden ist. Erst von diesem Zeitpunkt an kann sie gepfändet werden (§ 852 Abs. 2 ZPO).
Verfassungsrechtliche Bedenken greifen nicht durch, da es sich nicht um einen Fall unzulässiger Rückwirkung handelt. Unzutreffend ist die Auffassung, rückwirkend belastende Gesetze seien schlechtweg unzulässig. Das gilt auch für echte (retroaktive) Rückwirkungen, bei denen in bereits abgeschlossene Sachverhalte regelnd eingegriffen wird. Die Grenzen ergeben sich aus den Grundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes. Deshalb ist auch ein...