Streitig ist, ob ein unverschuldeter Vermögensverlust nach dem Stichtag – z.B. durch die Wirtschaftskrise – eine andere Beurteilung rechtfertigt.
Der AK 16 des 18. Deutschen Familiengerichtstages hat folgenden Beschluss gefasst:
Änderungen im Vermögensbestand nach dem Stichtag des § 1384 BGB bleiben nach dem System des Gesetzes auch dann unberücksichtigt, wenn sie nicht auf unredlichen Vermögensmanipulationen beruhen. Eine teleologische Reduktion unter Anlehnung an § 1375 Abs. 2 S. 2 BGB, die dem Schuldner den Nachweis eröffnet, dass die Vermögensminderung nicht illoyal war, ist de lege lata nicht möglich. Auch §§ 1381, 242 BGB können keine Abhilfe schaffen.
Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Insoweit werden folgende Lösungsmöglichkeiten angeboten:
- Koch vertritt die Auffassung, der Widerspruch zwischen der Begrenzung des § 1384 BGB und der Kappungsgrenze des § 1378 Abs. 2 S. 1 BGB sei durch eine teleologische Reduktion des § 1384 BGB zu lösen. Der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages trete für die Festlegung der Höhe der Ausgleichsforderung nur dann an die Stelle des in § 1378 Abs. 2 S. 1 BGB bestimmten Zeitpunkts, wenn die bis zur Beendigung des Güterstandes eingetretenen Vermögensverluste auf wirtschaftlichen Handlungen oder finanziellen Transaktionen beruhen, für die der ausgleichspflichtige Ehepartner verantwortlich ist. Ihm das Risiko allgemeinen Vermögensverfalls etwa auf Grund einer wirtschaftlichen Rezession aufzubürden, sei durch nichts zu rechtfertigen.
- Schröder weist darauf hin, dass die Vorgaben des Begrenzungseinwandes, die Kappungsgrenze für einen etwaigen Ausgleichsanspruch unverändert geblieben seien (§ 1378 Abs. 2 S. 1 BGB). Der Begrenzungseinwand sei einer Interpretation nicht zugänglich. Der Wert des vorhandenen Vermögens, das nach Abzug der Verbindlichkeiten bei Beendigung des Güterstandes vorhanden sei, müsse nicht das Vermögen sein, das in Geld umgerechnet und die Höhe einer etwaigen Ausgleichsforderung bestimme. Dort werde auf den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages abgestellt. Entstehungszeitpunkt und Begrenzungseinwand knüpften an die Beendigung des Güterstandes an. Differierten die Vermögensmassen zulasten des Ausgleichspflichtigen, solle der Ausgleichspflichtige durch § 1378 Abs. 2 S. 1 BGB insoweit geschützt werden, als er sich wegen einer Ausgleichsforderung nicht zu verschulden hat.
- Schwab hält den Weg über §1381 BGB oder § 242 BGB für gangbar.
- M. E. hat eine Korrektur über § 242 BGB zu erfolgen.
Nach wie vor kann nur der Ausgleichsschuldner einredeweise die Erfüllung der Ausgleichsforderung verweigern und geltend machen. Eine Erhöhung des Ausgleichsanspruchs kann mit § 1381 BGB nicht erreicht werden. Auf das Verhalten des Ausgleichspflichtigen während der Ehe kommt es somit in diesem Zusammenhang nicht an. Die Einrede muss spätestens bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung geltend gemacht werden, wobei der Ausgleichspflichtige das Vorliegen von Verweigerungsgründen darlegen und beweisen muss. Die Vorschrift stellt ein Korrektiv gegenüber dem schematischen, pauschalierenden und starren Berechnungssystem dar, das der Gesetzgeber unter Berufung auf die Rechtssicherheit und Praktikabilität für die Festsetzung der Zugewinnausgleichsforderung eingeführt hat. Die Vorschrift gibt in beschränktem Maße Billigkeitsgesichtspunkten Raum, um der Einzelfallgerechtigkeit zu dienen. Es ist jedoch nicht Zweck der Vorschrift, diejenigen Unbilligkeiten zu beseitigen, die allein durch die Entscheidung des Gesetzgebers für die schematische Durchführung des Zugewinnausgleichs, durch die Methode der Ausgleichsberechnung und die Ausgestaltung der einzelnen Berechnungsfaktoren hervorgerufen worden sind. Vielmehr müssen weitere Umstände des Falles hinzutreten, die die Durchführung des rechnerischen Zugewinnausgleichs grob ungerecht erscheinen lassen, wobei die Grundsätze des § 242 BGB im Anwendungsbereich der Spezialnorm des § 1381 BGB ausgeschlossen sind. Es ist nicht ganz klar, ob der BGH diese Rechtsprechung noch aufrechterhalten will. In der Entscheidung zum Doppelverwertungsverbot bei der Abfindung hat der BGH eine formunwirksame Vereinbarung über § 242 BGB als wirksam angesehen. Für eine Lockerung oder Änderung der Rechtsprechung könnte auch die Entscheidung des BGH v. 6.2.2008 zur Bewertung einer freiberuflichen Praxis im Zugewinnausgleich sprechen. Dort hat der BGH ausgeführt:
Zitat
„Bei der Berücksichtigung der Verbindlichkeiten hat es auch dann zu verbleiben, wenn diese bereits im Rahmen des über den Ehegattenunterhalt abgeschlossenen Vergleichs berücksichtigt sein sollten. Dieser Umstand vermag nichts daran zu ändern, dass die Verbindlichkeiten an dem für die Beurteilung des Zugewinns maßgeblichen Stichtag (§ 1384 BGB) bestanden und deshalb gem. § 1375 Abs. 1 Satz 2 BGB in das Endvermögen einzustellen sind. Ob und ggf. welche unterhaltsrechtlichen Konsequenzen sich hieraus ergeben, ist in dem Rechtsstreit über...