Von dieser Grundregel macht Art. 111 Abs. 2 FGG-RG – in der Fassung des VAStRefG – eine Ausnahme: Danach gilt jedes gerichtliche Verfahren, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird, als ein selbständiges Verfahren im Sinnes des Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG. Was dies für die Rechtsmittelpraxis bedeutet, ist streitig: Einer Literaturmeinung nach ist jede Instanz, weil sie mit einer Endentscheidung endet, ein eigenständiges Verfahren in diesem Sinne; nach Abschluss einer Instanz ist nach dem 31.8.2009 demgemäß die neue Instanz nach neuem Recht fortzuführen. Die Oberlandesgerichte und inzwischen auch der BGH sind – unter Berufung auf die Entstehungsgeschichte der Vorschrift – demgegenüber der Auffassung, dass nach altem Recht begonnene Verfahren über die Instanzen hinweg nach altem Recht fortgesetzt werden. Wichtig für die Praxis ist jedoch: Vertritt trotz der inzwischen ergangenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs ein Instanzgericht eine abweichende Auffassung, sollte der Rechtsmittelführer mit dem Gericht nicht „herumstreiten“, welches Rechtsmittel statthaft ist, sondern innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist sogleich den Antrag auf Wiedereinsetzung stellen und das aus Sicht des erkennenden Gerichts statthafte Rechtsmittel einlegen. Allerdings sollte man das zuvor eingelegte Rechtsmittel nicht zurücknehmen, um "jenes Eisen im Feuer zu behalten." Dem Antrag auf Wiedereinsetzung muss stattgegeben werden. Solange der statthafte Rechtsbehelf nämlich nicht eindeutig feststeht, verstößt der Gesetzgeber gegen das ihm verfassungsrechtlich obliegende Gebot, dem Bürger in der geschriebenen Rechtsordnung Klarheit über den Rechtsweg zu verschaffen. Eine Zurückweisung des Rechtsmittels als verfristet verletzt im Falle fehlender Rechtsweg-Klarheit den Anspruch des Rechtsmittelführers auf rechtliches Gehör; die Korrektur dieses Gehörsverstoßes durch die Gewährung von Wiedereinsetzung ist Pflicht der Fachgerichte.
Eine Ausnahme von der Grundregel, dass nach altem Recht begonnene Verfahren auch nach altem Recht zu Ende geführt werden, enthält Art. 111 Abs. 3 FGG-RG: Danach werden vor dem 1.9.2009 ausgesetzte oder zum Ruhen gebrachte Verfahren nach dem 1.9.2009 nach neuem Recht fortgesetzt. Für unterbrochene Verfahren fehlt eine entsprechende gesetzliche Regelung, es wird jedoch die Regelung des Art. 111 Abs. 3 FGG-RG analog angewendet werden müssen.
Eine wichtige Sonderregel sieht Art. 111 Abs. 4 FGG-RG für isolierte Verfahren über den Versorgungsausgleich vor: Diese werden stets nach neuem Recht weitergeführt, unabhängig davon, ob die Abtrennung vom Verbund vor oder nach dem 1.9.2009 erfolgt ist. Eine entsprechende Regelung für von vornherein isolierte Verfahren über den Versorgungsausgleich fehlt; es ist hier aber davon auszugehen, dass auch für diesen Fall Art. 111 Abs. 4 FGG-RG entsprechende Anwendung findet.
Für die Zeit ab 1.9.2010 sieht Art. 111 Abs. 5 FGG-RG eine Ausnahme von der Grundregel, nach altem Recht begonnene Verfahren nach altem Recht weiterzuführen, vor: Danach werden Verfahren über den Versorgungsausgleich, in denen bis zum 31.8.2010 keine Endentscheidung ergangen ist, ab dem 1.9.2010 nach neuem Recht weitergeführt und zwar einschließlich der mit ihnen verbundenen Scheidungs- und Folgesachen. Ab dem 1.9.2010 wird in diesen Sachen also auch das Rechtsmittelrecht des FamFG Anwendung finden. Art. 111 Abs. 5 FGG-RG geht in diesen Verfahren also der Vorschrift des Art. 111 Abs. 2 FGG-RG vor.
Angesichts dieser komplizierten und für die Handhabung in der Praxis fehlerträchtigen Regelung zum intertemporalen Übergangsrecht muss man Zweifel hegen, ob der Gesetzgeber die ursprünglich gestellte Aufgabe, durch die Neuregelung das Gesetz transparenter und für den Rechtssuchenden verständlicher zu gestalten, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens nicht aus den Augen verloren hat.