Das Nichtvorliegen eines Nachteils ist vom Pflichtigen darzulegen und zu beweisen; hierbei muss ihn der Berechtigte im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast unterstützen durch Vortrag zu Umständen, über die der Pflichtige aus eigener Kenntnis und Wahrnehmung keine ausreichenden Angaben machen kann, während dies dem Berechtigten ohne Weiteres möglich ist, da es um Umstände aus seiner Sphäre, d.h. seinem persönlichen Bereich, geht.
a) Der Unterhaltsberechtigte kann im Einzelfall seiner sekundären Darlegungslast genügen, wenn er vorträgt, dass in dem von ihm erlernten Beruf Gehaltssteigerungen in einer bestimmten Höhe mit zunehmender Berufserfahrung bzw. Betriebszugehörigkeit üblich sind. Ist der hypothetische berufliche Werdegang vorwiegend von der Berufserfahrung abhängig, so genügt der Unterhaltsberechtigte seiner Darlegungspflicht, wenn er hierzu vorträgt.
b) Soll ein beruflicher Aufstieg behauptet werden, muss der Unterhaltsberechtigte darlegen, aufgrund welcher Umstände (Fortbildungsbereitschaft, besondere Befähigungen, Neigungen oder Talente) er eine entsprechende Karriere gemacht hätte.
c) Die Aufgabe des Arbeitsplatzes bereits geraume Zeit vor der Eheschließung kann einen ehebedingten Nachteil begründen, wenn die nach Eheschließung fortdauernde Erwerbslosigkeit auf der Rollenverteilung in der Ehe beruht. Beruht der wirtschaftliche Nachteil auf einem Arbeitsplatzwechsel in der Ehe, so ist von einem ehebedingten Nachteil auszugehen, soweit nicht der Unterhaltspflichtige darlegt und beweist, dass der Wechsel nicht ehebedingt erfolgt ist. Die Ehebedingtheit entfällt nicht bereits dann, wenn die Aufgabe bzw. der Wechsel des Arbeitsplatzes ohne Einverständnis des anderen Ehegatten erfolgt ist.
d) Bei feststehenden Nachteilen ist eine exakte Feststellung zum hypothetisch erzielbaren Einkommen des Unterhaltsberechtigten nicht notwendig. Die Anforderungen an die Darlegung dürfen mit Rücksicht auf die Schwierigkeiten bei der Darstellung fiktiver beruflicher Entwicklungen für zum Teil viele Jahre zurückliegende Zeiträume nicht überspannt werden. Die Tatsachengerichte können sich bei geeigneter Grundlage einer Schätzung entsprechend § 287 ZPO bedienen. Das Gericht muss in der Entscheidung jedoch die tatsächlichen Grundlagen seiner Schätzung und ihre Auswertung in objektiv nachprüfbarer Weise angeben. Grundlage der Schätzung können Erfahrungssätze sowie tarifliche Regelwerke sein.
e) Hat der Berechtigte seine Beschäftigung in seinem Heimatland im Ausland in einem zeitlichen Zusammenhang mit der Eheschließung aufgegeben und verbleibt er nach der Scheidung im Inland, so ist für die Ermittlung des ehebedingten Nachteils das Einkommen zugrunde zu legen, das er ohne die Ehe in seinem Heimatland erzielen würde. Außerdem ist dieses Einkommen mit Rücksicht auf die Kaufkraftunterschiede an das deutsche Preisniveau anzupassen.
f) Das bei der Feststellung der Differenz der Erwerbseinkünfte mit und ohne Ehe maßgebliche derzeitige Einkommen des Berechtigten und dessen Angemessenheit im Hinblick auf die Erwerbsobliegenheit ist nach §§ 1574, 1577 Abs. 1 BGB vom Berechtigten darzulegen und ggf. zu beweisen, und zwar auch bei einem Abänderungsantrag des Pflichtigen, soweit der Anspruch nunmehr auf einem anderen Unterhaltstatbestand nach §§ 1570 ff. BGB beruht.
Unterlässt es der Berechtigte, eine nach § 1574 BGB angemessene und ihm auch mögliche Erwerbstätigkeit aufzunehmen, so ist ihm im Rahmen der Bedürftigkeit nach § 1577 Abs. 1 BGB ein fiktives Einkommen zuzurechnen.
Ist bei einer Vorentscheidung oder in einer früheren Vereinbarung der Beteiligten das vom Berechtigten erzielte Einkommen als seiner Erwerbsobliegenheit genügend zugrunde gelegt und kein fiktives Einkommen zugerechnet worden, so ist diese frühere ausdrückliche oder konkludente Festlegung für die Beurteilung des Vorliegens eines ehebedingten Nachteils bindend, soweit sich die Voraussetzungen für den Umfang der Erwerbsobliegenheit nicht geändert haben.