1. Alter des Unterhaltsberechtigten.
  2. Einschränkungen des Unterhaltsberechtigten in seiner Lebensführung und Erbringung von Leistungen, um dem Unterhaltsschuldner ganz oder teilweise eine Ausbildung zu ermöglichen.
  3. Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen zur Beurteilung der Belastung durch den Fortbestand des Unterhaltsanspruchs in uneingeschränktem bzw. eingeschränktem Umfang; gibt dieser hierzu keine Auskunft bzw. beschränkt er sich auf die Erklärung, dass er uneingeschränkt leistungsfähig sei, so sind bei der Abwägung optimale wirtschaftliche Verhältnisse auf seiner Seite zu unterstellen.[33]
  4. Einkommen des Berechtigten zur Beurteilung der Bedeutung des Unterhaltsanspruchs für seinen Lebensunterhalt.
  5. Eheschließung erst im vorgerückten Alter (kurz vor dem Rentenalter).
  6. Wirtschaftliche Entflechtung der Ehegatten und Zufluss eines Wertes aus der Vermögensauseinandersetzung an den Unterhaltsberechtigten, der seine wirtschaftliche Situation deutlich verbessert hat.
  7. Kapitalvermögen des Unterhaltsgläubigers aus Zugewinn bzw. Erbfolge.
  8. Dauer der Ehe

    Die Ehedauer ist in der seit dem 1.3.2013 geltenden Fassung des § 1578b BGB ausdrücklich ein selbstständiges Billigkeitskriterium.[34] Nach der Gesetzesbegründung[35] hat dies lediglich eine klarstellende Funktion, da der BGH die Bedeutung der Ehedauer als Billigkeitskriterium bereits vorher in ständiger Rechtsprechung[36] berücksichtigt habe. Dies ist vom BGH zumindest seit 2010 zunehmend betont worden. Das bedeutet indes nicht, dass wie vor 2006 allein eine bestimmte Ehedauer es rechtfertigt, eine Begrenzung des Anspruchs auszuschließen. Jedoch kann diesem Umstand bei der Gesamtabwägung im Einzelfall entscheidende Bedeutung zukommen, wenn – beim Fehlen ehebedingter Nachteile – die nacheheliche Solidarität das wesentliche Billigkeitskriterium darstellt und die lange Ehedauer im Zusammenhang mit der praktizierten Rollenverteilung in der Ehe (alleinige oder überwiegende Haushaltsführung durch einen Ehegatten bei eingeschränkter oder fehlender Erwerbstätigkeit) zu einer starken und andauernden wirtschaftlichen Verflechtung geführt hat.[37] War die Ehe durch solche Lebensverhältnisse geprägt und besteht für den Unterhaltsberechtigten keine Möglichkeit mehr, seine wirtschaftlichen Verhältnisse entscheidend zu verbessern, so kann es geboten sein, bei langer Ehedauer von einer Befristung und ggf. auch von einer Herabsetzung des Anspruchs abzusehen.

  9. Dauer und Höhe der Unterhaltszahlungen einschließlich Trennungszeit.[38]
  10. Gründung einer neuen Familie durch den Unterhaltsschuldner,[39] Unterhaltsverpflichtungen, die beim Bedarf keine Berücksichtigung gefunden haben.[40]
  11. Vertrauensschutz

    1. aufgrund des Verhaltens des Unterhaltsschuldners (insbesondere aufgrund von vorbehaltlos geleisteten Unterhaltszahlungen), das den Unterhaltsberechtigten zu Vermögensdispositionen veranlasst hat bzw. ihn davon abgehalten hat, für den Fall des Wegfalls oder der Beschränkung des Unterhalts vorzusorgen.[41]
    2. aufgrund der Gesetzeslage, insbesondere im Hinblick auf Änderungen durch das Unterhaltsänderungsgesetz ab 1.1.2008 (§ 36 Nr. 1 EGZPO). Hier gelten die gleichen Voraussetzungen für den Vertrauensschutz wie unter a).[42] Das Vertrauen allein auf den Fortbestand der gesetzlichen Voraussetzungen für den Unterhaltsanspruch wird dagegen nicht geschützt.[43]
    3. Der Vertrauensschutz ist in jedem Fall, d.h. auch bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 36 Nr. 1 EGZPO, als Billigkeitskriterium im Rahmen des § 1578b BGB zu prüfen und nicht gesondert erst dann, wenn nach Abwägung der sonstigen Kriterien eine Begrenzungsmöglichkeit nach § 1578b BGB bejaht wird.[44]
[33] In BGH v. 5.12.2012 – XII ZB 670/10, FamRZ 2013, 274 wird nicht beanstandet, dass die genaue Höhe des Einkommens eines "unbegrenzt" leistungsfähigen Unterhaltsschuldners nicht aufgeklärt worden ist.
[34] Bis zu dieser Änderung wurde die Ehedauer im Gesetz nur im Zusammenhang mit dem ehebedingten Nachteil genannt.
[35] BT-Drucks 17/11885, S. 6. Ebenso BGH v. 20.3.2013 – XII ZR 72/11, FamRZ 2013, 853 Rn 34.
[39] BGH v. 5.12.2012 – XII ZB 670/10, FamRZ 2013, 274 Rn 32 weist auf dieses Billigkeitskriterium hin, da nach der Absicht des Gesetzgebers das Unterhaltsänderungsgesetz vom 21.12.2007 "die Ausweitung der Möglichkeit, nacheheliche Unterhaltsansprüche zeitlich oder der Höhe nach zu begrenzen, ( … ) die Chancen für einen Neuanfang nach einer gescheiterten Ehe erhöhen und die Zweitfamilien entlasten" sollte (BT-Drucks 16/1830, S. 13).
[41] BGH v. 21.9.2011 – XII ZR 173/09, FamRZ 2012, 699: Befristung aufgehoben in einem Fall, in dem der Mann an die zu keinem Zeitpunkt erwerbstätige Ehefrau nach Scheidung (9 Jahre Ehedauer) seit 1979 monatlichen Unterhalt von zunächst 6.000,00 DM und später 7.000,00 DM ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?