1. Gesetzliche Definition der Mutwilligkeit
Der Begriff der Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung ist einer der Kernbegriffe des PKH-Rechts. Dabei ist die Definition durch die Rechtsprechung erfolgt. Eine Rechtsverfolgung ist mutwillig, wenn eine verständige, nicht hilfebedürftige Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde.
Diese Definition wird nun zur Legaldefinition, allerdings um einen Zusatz ergänzt. Zukünftig kann die Rechtsverteidigung oder Rechtsverfolgung auch dann mutwillig sein, wenn eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
Durch den Zusatz sollen vor allem die Verfahren betroffen sein, in denen zwar Erfolgsaussicht für das Verfahren besteht, eine Realisierung der Forderung aber zweifelhaft ist. Das betrifft die Fälle der bekannten Vermögenslosigkeit des Schuldners, so dass die Vollstreckung der Forderung aller Voraussicht nach erfolglos bleibt, oder aber wenn die Zwangsvollstreckung im Ausland durchgeführt werden muss. Die gesetzliche Definition der Mutwilligkeit ist zu begrüßen, allerdings ist zweifelhaft, ob durch die ausdrückliche gesetzliche Normierung, dass Mutwilligkeit trotz Erfolgsaussicht gegeben sein kann, eine gravierende Änderung mit den erhofften Sparpotentialen zu erwarten ist. Die Rechtsprechung hat die Fallgruppen der fehlenden Erfolgsaussichten und der Auslandsvollstreckung schon zuvor entwickelt und dafür die PKH versagt. Dabei sollte der Grundsatz, dass die Frage der Vollstreckung gegen den Schuldner im Erkenntnisverfahren ohne Belang ist, erhalten bleiben. Dennoch wurde im Einzelfall eine fehlende Vollstreckungsmöglichkeit zum Anlass genommen, Mutwilligkeit zu bejahen, etwa bei Geltendmachung von Unterhaltsforderungen gegen einen Schuldner im Ausland (Kasachstan), wenn dort eine Realisierung nicht zu erwarten ist. Allerdings sollte ein Ausschluss der VKHBewilligung aber äußerst zurückhaltend Anwendung finden, vor allem dann, wenn gerade der Schuldner sich darauf beruft. So ist es insbesondere bei Unterhaltsforderungen ein falsches Signal an den Schuldner, ein Verfahren gerade dadurch verhindern zu können, dass er sich vehement seiner Zahlungsverpflichtung entzieht. Zudem muss dem Gläubiger einer Forderung unbenommen bleiben, auch bei im Moment schlechten Vollstreckungsprognosen, eine Titulierung seiner Forderung vorzunehmen, um sie im Hinblick auf Verwirkung und Verjährung durchsetzbar zu halten. Letztlich kann der Schuldner auch unerwartet zu Geld kommen – Erbschaft, Lotteriegewinn –, dann würde der unbemittelte Gläubiger mangels Titels nicht im Wege der Vollstreckung zugreifen können. So würde eine unberechtigte Benachteiligung gegenüber Gläubigern mit titulierten Forderungen eintreten.
Eine weitere Neuerung im Bereich der Mutwilligkeit findet sich in § 124 ZPO. Das Gericht kann auch im laufenden Verfahren die Bewilligung von Prozesskostenhilfe teilweise aufheben, wenn und soweit sich aus nachträglich eingetretenen Gründen eine Beweisaufnahme als mutwillig darstellt. Das ist insbesondere bei kostenträchtigen Beweisaufnahmen durch Sachverständigengutachten von großer Bedeutung.
2. Änderung der Freibeträge
Als zweite umfangreiche Maßnahme der Kostensenkung war im Ursprungsentwurf die Absenkung der Freibeträge vorgesehen (Kürzung des Erwerbstätigenfreibetrages um die Hälfte, Absenkung der persönlichen Freibeträge). Diese Kürzungen wurden vom Rechtsausschuss gestrichen.
Zusätzlich eingefügt werden jetzt gesonderte Mehrbedarfe nach § 21 SGB II für Schwangere, Alleinerziehende, Kranke und Behinderte.
3. Änderung der Ratenberechnung
Die Tabelle zu § 115 ZPO wird abgeschafft. Stattdessen sind zukünftig Raten in Höhe der Hälfte des verbleibenden Einkommens zu zahlen. Bei einer zu erwartenden Rate von unter 10 EUR wird ratenfreie PKH bewilligt. Bei einem einzusetzenden Einkommen von mehr als 600 EUR beträgt die Monatsrate 300 EUR zuzüglich des Teils des einzusetzenden Einkommens, der 600 EUR übersteigt. Diese Neuregelung der Raten wird zu einer Erhöhung der Beteiligung der Antragsteller in den meisten Fällen führen.
Die geplante Erhöhung der Gesamtanzahl der zu leistenden Raten von bisher 48 auf dann 72 Monate entfällt. Das ist eine glückliche Verhinderung der zu erwartenden Mehrbelastung bei den Anwälten. Denn nach der neueren Rechtsprechung des BGH müssen sie dann, wenn sie im VKH-Verfahren bereits tätig waren, Adressaten der Zustellungen im Abänderungsverfahren sein. Dabei ist immer wieder von Interesse, wie weit die Verpflichtung der Anwälte geht, Ermittlungen nach unbekannt verzogenen Mandanten anzustellen. Es bietet sich dazu an, den Mandanten mit Abschluss des Verfahrens ausdrücklich auf die Überprüfung der VKH hinzuweisen und ihn aufzufordern, Änderungen seiner Anschrift auch dem Anwalt mitzuteilen, damit er keine Nachteile durch Aufhebung der VKH wegen mangelnder Mitwirkung erleidet.
4. Stellungnahme des Gegners zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen
Erst durch das FGG-Reformgesetz mit Wirkung zum 1.9.2009 ist in § 117 Abs. 2 S. 2...