Empfang der Arbeitsgemeinschaften Familienrecht und Erbrecht auf dem DAT 2013 in München
Das Programm hatte es in sich. Familiäre Solidarität im Unterhalts- und Erbrecht, Erwerbsobliegenheit, Europäische Verordnungen und Ausgleichs-(Un-)Gerechtigkeiten im neuen Versorgungsausgleich – die Themen im Familienrecht sind komplex und vielfältig.
Dr. Rainer Frank, emeritierter Professor für bürgerliches Recht an der Universität Freiburg, sprach über das Familienrecht als Spiegel der sozialen Wirklichkeit. Ob Lebenserwartung, Geburtenrate, Schulausbildung, seit 1900 gibt es fulminante Änderungen. Dass sich das zum Beispiel auf den Familienunterhalt auswirkt, liegt auf der Hand. In früheren Zeiten spielte der Ausbildungsunterhalt volljähriger Kinder zum Beispiel kaum eine Rolle, weil nur wenige eine Universität besuchten und die meisten längst ihre Ausbildung abgeschossen hatten, als sie erwachsen wurden. Beim gesetzlichen Erb- und Pflichtteilsrecht sah Professor Frank die größte Baustelle nach wie vor in der Pflichtteilentziehung. Die Forderung nach einer "Unzumutbarkeitsklausel", schon lange erhoben, bleibt nach wie vor unerfüllt.
Heute kommen Anwältinnen und Anwälte sowohl im Familien- als auch im Erbrecht nicht umhin, sich mit internationalem Privatrecht zu befassen. Rechtsanwalt Gerd Uecker aus Hamburg plädierte dafür, sich nicht von dem Bezeichnungswirrwarr im europäischen Recht abschrecken zu lassen. Auch wenn es nicht immer einfach ist, sich den Weg durch den Zahlen- und Buchstabendschungel der Verordnungen zu bahnen – allein die Brüssel II-a-Verordnung trägt vier weitere unterschiedliche Bezeichnungen – ist das internationale Privatrecht kein Buch mit sieben Siegeln. Jedenfalls nicht mehr, wenn man den Beispielsfällen und Lösungsvorschlägen von Rechtsanwalt Uecker zuhören konnte.
Erwerbsobliegenheit und ausreichende Bewerbungsbemühungen sind ein Dauerbrenner im Familienrecht. Christine Wönne, stellvertretende Direktorin des Amtsgerichts Esslingen, zeigte anhand von Fällen, was von den Gerichten den Unterhaltsberechtigten abverlangt wird und – vor allem – wie die Unterhaltsberechtigten am sinnvollsten ihre Bemühungen um eine Arbeitsstelle dokumentieren sollten.
Den ersten Veranstaltungstag hatten die Arbeitsgemeinschaften Familien- und Erbrecht gemeinsam organisiert. Beim Empfang der Erb- und Familienrechtler am Ende des ersten Veranstaltungstages hob die Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger in ihrer Ansprache die ausgesprochen fruchtbare Zusammenarbeit mit den Anwältinnen und Anwälten beider Arbeitsgemeinschaften hervor.
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Gerade auch konstruktive Kritik bei Gesetzgebungsvorhaben sei immer willkommen gewesen, ebenso der intensive Informationsaustausch. Neben der Ministerin waren zahlreiche weitere illustre Gäste aus dem Justizministerium, der Richter- und der Anwaltschaft zum Erfahrungs- und Meinungsaustausch in gelöster Stimmung gekommen.
Der zweite Veranstaltungstag wurde gemeinsam von der Arbeitsgemeinschaft und dem Ausschuss Familienrecht im DAV organisiert und widmete sich einem wichtigen und besonders komplizierten Thema: den Ausgleichs-(Un-)Gerechtigkeiten im neuen Versorgungsausgleich bei der externen Teilung einer betrieblichen Altersversorgung. Die Referenten Jörn Hauß aus Duisburg und Klaus Weil aus Marburg, beide Fachanwälte für Familienrecht, präsentierten neben der rechtlichen Einschätzung auch praktische Tipps, um aus dem Dilemma herauszukommen. Darüber hinaus stellten sie die Initiativstellungnahme des DAV zur Reform des Versorgungsausgleichs vor, die Abhilfe schaffen soll.
Die zahlreichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die sich auf das kompakte Programm an den zwei Veranstaltungstagen einließen, hatten viel davon. Ihnen wurden nicht nur hoch interessante und aktuelle Vorträge präsentiert, sondern auch viel praktisch verwendbare Hilfe für den Berufsalltag mitgegeben.
Autor: Annette Wilmes
Annette Wilmes
FF 7/2013, S. 272 - 273