Dieter Henrich3. Auflage 2012, 127 Seiten, FamRZ-Buch 10, 39 EUR, Gieseking Verlag, ISBN 978-3-7694-1096-9
"Wiederum hat der Gesetzgeber ganze Bücher zu Makulatur werden lassen. Was bisher zum internationalen Scheidungs- und Scheidungsfolgenrecht geschrieben wurde, gilt zu einem großen Teil nicht mehr." Was Dieter Henrich im Vorwort der zweiten Auflage des hier vorzustellenden Werks bemerkte, ist insbesondere in den Jahren 2011 und 2012 ein weiteres Mal Realität geworden.
Dies gilt in besonderer Weise für die Gebiete des Ehescheidungs- und Unterhaltsrechts. Allerdings sind diese grundlegenden Neuerungen noch nicht überall in der Praxis angekommen. Um dies zu ändern, kam die dritte Auflage unter dem bereits bestens eingeführten Titel wie gerufen.
Von großer Bedeutung und daher besonders herausgehoben ist die seit 21.6.2012 anzuwendende Rom III-Verordnung (Rn 70 ff.). Diese beantwortet die Frage, nach welchem Recht eine Ehe zu scheiden ist. Zwischen mittlerweile 15 Mitgliedstaaten der EU (Belgien, Bulgarien, Deutschland, Frankreich, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Österreich, Portugal, Rumänien, Slowenien, Spanien, Ungarn) ist durch die Verordnung der EU eine Vereinheitlichung des Scheidungskollisionsrechts in Europa erreicht worden. Das bedeutet: Wo immer in diesen 15 Staaten ein Antrag auf Ehescheidung oder Ehetrennung ohne Auflösung des Ehebandes gestellt wird, ist er von den international zuständigen Gerichten nach demselben Kollisionsrecht zu beurteilen. Dies hat u.a. zur Folge, dass an die Stelle des Art. 17 Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB als primäre Anknüpfung der gewöhnliche Aufenthalt der Ehegatten getreten ist. Daneben wird den Eheleuten die Möglichkeit einer Rechtswahl in Bezug auf das anzuwendende Recht eingeräumt. Die Struktur der Neuregelungen wird von Henrich in gut nachvollziehbarer Weise dargestellt. Auch werden Wege und Auswege in schwierigen Situationen gewiesen (Rn 89 ff.).
Wie beim Scheidungsrecht führt Henrich bei der Neuregelung des internationalen Unterhaltsrechts, vom bisherigen Rechtszustand ausgehend, in das neue Recht ein. So richtet sich aufgrund des Haager Unterhaltsprotokolls seit dem 18.6.2011 das anwendbare Recht auch beim nachehelichen Unterhalt nicht mehr nach dem Recht, unter dem die Ehe geschieden wurde, sondern primär nach dem Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Anspruchstellers. Damit ist für den Bereich des internationalen Kollisionsrechts der Unterschied zwischen Trennungsunterhalt und nachehelichem Unterhalt weitgehend aufgehoben (Rn 123 ff.). Auch hier ist den Beteiligten neuerdings die Möglichkeit einer Rechtswahl eingeräumt worden. Hierauf abgestimmt und ebenfalls seit dem 18.6.2011 anzuwenden ist die Europäische Unterhaltsverordnung. Diese regelt die internationale Zuständigkeit in Unterhaltssachen, die gegenseitige Anerkennung von Unterhaltsentscheidungen sowie deren Vollstreckung in anderen Mitgliedstaaten. Der Inhalt dieser Neuregelungen, aber auch ihre Abgrenzung zu anderen internationalen und nationalen Vorschriften sowie die Rechtslage im Verhältnis zu Staaten, für welche die vorstehenden Vorschriften nicht anzuwenden sind (so zum Teil die Schweiz, Israel und die Türkei), sind anschaulich und in gut nachvollziehbarer Weise dargestellt. Neben vielen anderen Themen werden auch Währungs- und Transferprobleme (Rn 145) und die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im außereuropäischen Ausland, darunter in den USA, Kanada und Südafrika, herausgestellt (Rn 214 ff.). Dabei ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die von Henrich noch erwähnten Verbrauchergeldparitäten (Rn 141) als Mittel der Umrechnung unterschiedlicher Währungs- und Kaufkraftverhältnisse Ende des Jahres 2009 durch das Statistische Bundesamt wegen Sparmaßnahmen der Bundesregierung eingestellt worden sind. Fortgeführt wird indes die Erhebung und Veröffentlichung von Teuerungsziffern durch das Statistische Bundesamt, welche ebenfalls Hinweise auf die Kaufkraftverhältnisse der verschiedenen Staaten in Relation zu den Preisen in Deutschland geben (download aus dem Internet: http://www.destatis.de). Die Teuerungsziffern werden monatlich entsprechend den Preisveränderungen im Inland und im Ausland sowie entsprechend den Wechselkursänderungen aktualisiert.
Im internationalen Kindschaftsrecht hat das Haager Kinderschutzübereinkommen in den Mitgliedstaaten mit Wirkung zum 1.1.2011 das Haager Minderjährigenschutzabkommen – mit Ausnahme der Türkei – abgelöst. Das Zusammenspiel mit der Brüssel IIa-Verordnung und anderen internationalen Regelungen wird anhand praxisnaher Beispiele dargestellt, ebenso die Anerkennung von Entscheidungen und deren Vollstreckung (Rn 285 ff.).
Fazit: Henrich stellt den Inhalt und die sich daraus ergebenden Konsequenzen der abermals gewandelten Rechtslage mit einer Prägnanz dar, welche die Wissenschaft bereichert und dem Praktiker bei der Problemlösung weiterhilft. Das internationale Familienrecht ist seit der Vorauflage des Werks nicht einfacher geworden. Die dritte Auflage...