Der BGH hat eine beiderseitige Barunterhaltspflicht der Eltern abgelehnt, wenn kein paritätisches Wechselmodell vorlag, sondern die Betreuungsanteile der Eltern im Verhältnis von ⅓ zu ⅔ oder auch 40:60 % aufgeteilt waren. Deshalb wird der Begriff des "Wechselmodells" des BGH von einigen als zu eng kritisiert, die sich für eine Ausweitung der beiderseitigen anteiligen Barunterhaltspflicht bei einer erheblichen Mitbetreuung, die deutlich über den üblichen Umgang hinausgeht, aussprechen. Denn es sei den barunterhaltspflichtigen Elternteilen (in der Regel den Vätern) nicht vermittelbar, ihre Kinder über das Maß des "normalen Umgangs" hinaus zu betreuen, wenn dies ohne erkennbare Auswirkungen auf die Barunterhaltspflicht bleibe.
Das Kernargument, dass eine höhere Beteiligung an der Betreuung und Versorgung des Kindes unterhaltsrechtlich Berücksichtigung finden sollte und nicht genauso behandelt werden kann wie der "übliche Umgang" oder gar kein Umgang, ist plausibel. Am Anfang der Festsetzung der Höhe des Kindesunterhalts steht jedoch der Bedarf – und bei der Bedarfsfeststellung gibt es viele Mängel, die zuerst zu diskutieren sind. Denn wenn der Bedarf und damit die Höhe des Barunterhalts für das Kind immer adäquat bemessen wäre, würde sich – abstrakt betrachtet – im Fall des Wechselmodells durch eine Umverteilung der Naturalunterhaltsbeiträge zwischen den Eltern nichts ändern, weil der Kindesbedarf immer gedeckt wäre, und dann würde die Ausgleichszahlung zwischen den Eltern die unterschiedliche Einkommenssituation in den beiden elterlichen Haushalten kompensieren. Meiner Meinung nach ist aber ein wesentliches Problem, dass der Kindesbedarf häufig zu gering bemessen wird (wie am Beispiel des Mindestunterhalts kurz dargestellt), und wenn dann von dem nicht bedarfsdeckenden Kindesunterhalt durch ein verändertes Betreuungsarrangement für das Leben des Kindes beim überwiegend betreuenden Elternteil noch weniger übrig bleibt, ist die Situation erst recht prekär. Gleichzeitig werden die Kindesunterhaltsbeiträge des betreuenden Elternteils, der zwar keinen Barunterhalt, aber Naturalunterhalt in vielfacher Hinsicht leistet, unterschätzt und unterbewertet.
Ein Argument gegen eine Ausweitung des Begriffs des "Wechselmodells" auf geringere als hälftige Betreuungsanteile ist, dass die Bemessung der Zeitanteile der Eltern schwierig und äußerst streitanfällig ist. Und je mehr Dritte an der Erziehung und Betreuung beteiligt sind – Krippe, Kindergarten, Schule, Großeltern, Au-pairs usw., neue Partner –, desto fragwürdiger ist es, wem diese Zeitanteile unterhaltsrechtlich zugeordnet werden sollen. Die Betreuungsanteile jedes Elternteils könnten wohl nur nach Übernachtungstagen berechnet werden, da es (auch wegen der zunehmenden Erwerbsobliegenheiten der Eltern) nicht darauf ankommen kann, ob Dritte oder Institutionen wie Kindergarten oder Schule beteiligt sind. Aber für die Einkommens- und Lebenssituation eines Elternteils ist es ein großer Unterschied, ob für die Betreuung und Versorgung des Kindes die Arbeitszeiten eingeschränkt werden müssen oder nicht – wie soll das berücksichtigt werden? Diese Fragen sind nicht trivial. Betrachtet man allein den Zeitanteil der Tage des "üblichen" Umgangs im Jahr – jedes zweite Wochenende, die Hälfte der Ferien und Feiertage –, so kommt man auch schon auf einen Anteil der Übernachtungstage von 15 bis 20 %. Wenn eine beiderseitige Barunterhaltspflicht auch bei weniger als einer hälftigen Beteiligung an der Betreuung angenommen würde, dann müssten sowohl die Naturalunterhaltsbeiträge wie auch die Zeitanteile beider Eltern genau ermittelt werden – keine einfache Aufgabe, wie auch einige internationale Erfahrungen mit dieser Methode zeigen.
Eine andere Möglichkeit, Mitbetreuung unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen, ist die Anrechnung von Umgangskosten. Grundsätzlich kann ein umgangsberechtigter Elternteil die Umgangskosten zwar nicht vom Kindesunterhalt abziehen. Das Bundesverfassungsgericht betonte 2003, dass das Unterhaltsrecht dem Unterhaltspflichtigen nicht die Möglichkeit der Ausübung des verfassungsrechtlich geschützten Umgangsrechts nehmen dürfe. Für den Mangelfall hat der BGH unter besonderen Umständen (im entschiedenen Fall die durch Umzug der Mutter entstandene weite Entfernung von 360 km) eine Berücksichtigung der Umgangskosten erwogen. Die angemessenen Umgangskosten können dann entweder zu einer maßvollen Erhöhung des Selbstbehalts oder zu einer Minderung des unterhaltsrelevanten Einkommens führen. Dies bestätigte der BGH in einer weiteren Entscheidung von 2009. Aber auch wenn Umgangskosten – im Normalfall – nicht beim Kindesunterhalt berücksichtigt werden, können sie sich dadurch auswirken, dass sie bei der Ermittlung des Ehegattenunterhalts verrechnet werden können, wenn die Umgangskosten höher sind als der Kindergeldanteil des Unterhaltsverpflichteten, der dann die Umgangskosten vom eigenen Einkommen abziehen kann, bevor der Ehegattenunterhalt berechnet wird. Umg...