a) Grundsatz
Muss sich der andere Elternteil demnach mit dem Aufenthalt des Kindes im Internat oder einer Privatschule abfinden, so verpflichtet ihn die Entscheidung des Sorgeberechtigten über Art und Form der Ausbildung des Kindes, aber auch die Entscheidung des Volljährigen selbst, noch nicht in jedem Fall zur Tragung der sich daraus ergebenden Mehrkosten. Zwar darf die Entscheidungsfreiheit des Sorgeberechtigten nicht dadurch ausgehöhlt werden, dass dieser generell die "billigste" Schulbildung zu wählen hat. Sein Wahlrecht umfasst auch den Besuch einer Privatschule (Art. 7 Abs. 4 S. 1 GG), so dass die getroffene Entscheidung im Unterhaltsrechtsstreit nicht auf ihre "Zweckmäßigkeit" überprüft wird. Gleichwohl kann der Zusatzbedarf – abgesehen von der stets durch die Leistungsfähigkeit des Pflichtigen gezogenen Grenze – nicht unbeschränkt geltend gemacht werden, die kostenverursachende Maßnahme bedarf vielmehr einer sachlichen Begründung. Dabei müssen gewichtige Gründe die Mehrkosten als angemessene Bildungskosten erscheinen lassen. Gleiches gilt beim volljährigen Kind: Wählt es eine teurere als die übliche Ausbildung, muss ein berechtigter Anlass dafür bestehen.
Darüber hinaus muss die Belastung mit den Mehrkosten nach den Verhältnissen der Parteien angemessen sein, wobei auch ein trennungsbedingter Mehraufwand zu berücksichtigen sein kann, so dass ein Zusatzbedarf, der bei weiterem Zusammenleben der Familie angemessen gewesen wäre, sich nach der Trennung als unangemessen darstellen kann.
b) Nachhilfe
Sonderbedarf kann dann vorliegen, wenn die Notwendigkeit für Nachhilfeunterricht plötzlich und unvorhersehbar auftritt und es sich nur um einen vorübergehenden Bedarf handelt, etwa zur Aufarbeitung von Lücken, die durch eine Erkrankung entstanden sind. Lässt es sich durch die Entwicklung der schulischen Leistungen jedoch absehen, dass das Kind längerfristig Nachhilfeunterricht benötigt, handelt es sich bei den hierfür anfallenden Kosten um Mehrbedarf.
Nachhilfe ist nach der Rechtsprechung dann sachlich berechtigt, wenn sie erforderlich und geeignet ist, um das jeweilige Schulziel zu erreichen. Vertreten wird allerdings, dass die sachliche Berechtigung für den Nachhilfeunterricht entfällt, wenn der Sorgeberechtigte nach dem Alter des Kindes und der eigenen Vorbildung selbst in der Lage ist, Nachhilfeleistungen zu erbringen. Dagegen spricht, dass es nicht nur aus pädagogischen Gründen sinnvoll sein kann, Nachhilfeunterricht in fremde Hände zu legen. Jeder, der sich auch nur im Rahmen einer gelegentlichen Hausaufgabenkontrolle mit dem Abfragen von Vokabeln, Grammatikübungen und Mathematikaufgaben abmüht, weiß, wie nachhaltig die "Nachhilfe" durch einen Elternteil den Familienfrieden gefährden kann. Zudem stellt sich die Frage der Zumutbarkeit dessen neben einer gesteigerten Eigenverantwortung und verschärften Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils. In der gerichtlichen Praxis finden sich auch Barunterhaltspflichtige im Übrigen eher selten bereit, sich dieser Aufgabe während (oder auch außerhalb) des Umgangs zu widmen. Die sachliche Berechtigung von Nachhilfekosten wird demnach nicht deshalb verneint werden dürfen, weil der betreuende Elternteil die Leistung selbst erbringen könnte.
Die Kosten einer nur gelegentlich oder in sehr geringem Umfang in Anspruch genommenen Nachhilfe kann aus dem laufenden Unterhalt zu bestreiten sein. Hier kommt es jedoch auf den jeweiligen Einzelfall, die Höhe des laufenden Unterhalts und die Kosten der Nachhilfe an. Bei mehrstündigem oder länger andauerndem Nachhilfeunterricht sind die hierfür anfallenden Beträge durch den Tabellenunterhalt nicht mehr (jedenfalls nicht mehr in vollem Umfang) gedeckt. Handelt es sich nicht um außergewöhnlich hohe Kosten, für die eine gesonderte sachliche Berechtigung dargetan werden müsste, ist die Auswahl des Sorgeberechtigten hinsichtlich der Institution oder Person, die die Nachhilfe erteilt, auch insoweit für den anderen Elternteil verbindlich.