Soweit alle im Rahmen der Billigkeitsabwägung zu bewertenden Umstände bekannt oder zuverlässig voraussehbar sind, ist über die Unterhaltsbegrenzung grundsätzlich im Erstverfahren zu entscheiden. Die Begrenzung des nachehelichen Unterhalts aus Billigkeitsgründen nach § 1578b BGB setzt nämlich nicht zwingend voraus, dass der Zeitpunkt, ab dem der Unterhaltsanspruch entfällt, bereits erreicht ist. Eine Begrenzung ist deshalb nicht einer späteren Abänderung nach § 323 ZPO vorzubehalten, sondern schon im Ausgangsverfahren auszusprechen.
BGH, Urt. v. 14.11.2007 –XII ZR 16/07, FamRZ 2008, 134; Urt. v. 28.2.2007 – XII ZR 37/5, FamRZ 2007, 793; OLG Stuttgart, Beschl. v. 8.1.2009 – 16 UF 204/08, FamRZ 2009, 788 = ZFE 2009, 236
Eine Präklusion nach § 323 Abs. 2 ZPO ist jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn die abzuändernde Entscheidung vor der grundlegenden Änderung der Rechtsprechung zur eheprägenden Wirkung von Haushaltsführung und Kinderbetreuung ergangen ist und alle maßgebenden Billigkeitskriterien noch nicht zuverlässig zu beurteilen waren.
BGH, Urt. v. 28.2.2007 – XII ZR 37/05, FamRZ 2007, 793
Zuverlässig zu beurteilen ist ein maßgeblicher Umstand, wenn dieser allein von dem Erreichen eines bestimmten Zeitpunktes abhängig ist. In anderen Fällen kann es im Zeitpunkt der Erstentscheidung an einer gesicherten Beurteilungsgrundlage fehlen. So liegt es regelmäßig, wenn noch nicht absehbar ist, ob durch eine neu aufgenommene vollschichtige Erwerbstätigkeit ehebedingte Nachteile vollständig und nachhaltig ausgeglichen werden können.
BGH, Urt. v. 25.10.2006 – XII ZR 190/03, FamRZ 2007, 200
In der obergerichtlichen veröffentlichten Rechtsprechung lässt sich eine klare Linie noch nicht erkennen. Einerseits wird darauf abgehoben, dass zwischen den Vorschriften des alten Rechts und dem ab 1.1. 2008 geltenden § 1578b BGB wesentliche Unterschiede bestehen; gegenüber der Kann-Vorschrift des § 1573 Abs. 5 BGB sei § 1578b BGB dahin ausgestaltet, dass er eine Begrenzung oder Herabsetzung bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen zwingend mache. Zudem habe die frühere Rechtsprechung von der Begrenzung des Unterhalts keinen regen Gebrauch gemacht. Demgemäß könne es dem Unterhaltspflichtigen nicht verwehrt sein, unter Geltung des neuen Rechts die Einwendung zu erheben, selbst wenn nach altem Recht die Einwendung hätte geltend gemacht werden können.
so OLG Stuttgart, Urt. v. 20.8.2007 – 18 UF 256/07, FamRZ 2009, 53, 55
Andererseits wird vertreten, dass die Möglichkeiten der Befristung nach § 1573 Abs. 5 BGB seit der Rechtsprechungsänderung des BGH durch Urt. v. 12.4.2006 – XII ZR 240/03, FamRZ 2006, 1006 identisch seien mit der Neuregelung in § 1578b BGB und die Neuregelung die Befristungsmöglichkeit lediglich auf weitere Unterhaltstatbestände erstrecke; dies könne zur Präklusion führen, wenn im Vorverfahren die Befristung bereits hätte geltend gemacht werden können.
so OLG Stuttgart, Beschl. v. 8.1.2009 – 16 UF 204/08, FamRZ 2009, 788 = ZFE 2009, 236: Letzte mündliche Verhandlung im Vorverfahren am 3.4.2007; so wohl auch OLG Hamm, Beschl. v. 5.2.2008 – 1 WF 22/08, FamRZ 2008, 1000; OLG Dresden NJW 2008, 3073 = FamRZ 2008, 2135; OLG Bremen NJW 2008, 3074
Die Abänderung eines Unterhaltsvergleichs richtet sich nach den Vorschriften des materiellen Rechts. Nach § 323 Abs. 2 ZPO kann eine Präklusion nicht stattfinden, denn die Vorschrift soll lediglich die Rechtskraftwirkungen unanfechtbar gewordener Entscheidungen sichern, einen Zweck, der bei Vergleichen nicht erreicht werden kann. Für die Frage der Herabsetzung und Befristung einer in einem vor dem 1.1.2008 geschlossenen Vergleich getroffenen Unterhaltsregelung ist danach maßgeblich, ob ein zur Rechtfertigung der Abänderung angeführter Umstand bereits bei Vergleichsabschluss absehbar gewesen und deshalb von der vergleichsweisen Absprache bereits erfasst worden ist, also unverändert geblieben und damit einer Anpassung entzogen ist.
OLG Stuttgart, Urt. v. 20.8.2008 – 18 UF 256/07, FamRZ 2009, 53