I. Einleitung
Neben dem Betreuungsunterhalt nach den §§ 1570, 1615l BGB beschäftigt die Praxis in besonderem Maß die betragsmäßige und/oder zeitliche Begrenzung des Anspruchs auf Zahlung von nachehelichem Unterhalt nach § 1578b BGB. Die Vorschrift verlangt von dem Rechtsanwender eine umfassende Prüfung der Einzelfallumstände. Diese Einzelfallprüfung steht einer wie auch immer gearteten Schematisierung entgegen. Gleichwohl können sich aus der Vielzahl der obergerichtlichen veröffentlichten Entscheidungen Anhaltspunkte für die Anwendung des § 1578b BGB gewinnen lassen. Dem soll dieser Beitrag dienen.
II. Ausgangspunkt: Rechtsprechung des BGH
Die §§ 1578, 1573 Abs. 5 BGB a.F. sind lange Zeit in der gerichtlichen Praxis ohne große Bedeutung geblieben. Erst durch die grundsätzliche Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur eheprägenden Haushaltstätigkeit und Kindererziehung (BGH FamRZ 2001, 986), die zur Aufgabe der sog. Anrechnungsmethode zugunsten der sog. Differenzmethode geführt hat, erlangten sie wieder "unterhaltsrechtliche" Aufmerksamkeit. In weitaus stärkerem Maß führte die geänderte Rechtsprechung zu Aufstockungsunterhaltsansprüchen, deren Begrenzung und Befristung mit dem Ziel einer endgültigen wirtschaftlichen Entflechtung der geschiedenen Ehegatten ein vordringliches Bedürfnis wurde.
1. Rechtsprechung zu §§ 1578, 1573 Abs. 5 BGB a.F.
a) Dauer der Ehe
Der BGH hat in der Folge der geänderten Rechtsprechung durch Urt. v. 12.4.2006 – XII ZR 240/03, FamRZ 2006, 1006 deutlich herausgestellt, dass die Dauer der Ehe nicht im Sinne einer festen Zeitgrenze zu verstehen ist. Die Dauer der Ehe ist lediglich ein Billigkeitsgesichtspunkt neben den weiteren in §§ 1578 Abs. 1 S. 2, 1573 Abs. 5 BGB a.F. genannten Umständen. Im Rahmen der an den Umständen des Einzelfalls auszurichtenden individuellen Billigkeitsabwägung sind die weiteren Kriterien wie die Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit zu berücksichtigen (so auch BGH, Urt. v. 23.5.2007 – XII ZR 245/04, FamRZ 2007, 1232). Deshalb scheidet eine Befristung des Aufstockungsunterhalts nicht schon allein wegen einer Ehedauer von mehr als 20 Jahren aus (BGH, Urt. v. 26.9.2007 – XII ZR 11/05, FamRZ 2007, 2049). Bei erheblich kürzeren Ehen kann sie indes aus anderen Gründen ausgeschlossen sein (S. BGH, Urt. v. 12.4.2006 – XII ZR 240/03, FamRZ 2006, 1006, 1007).
b) Ehebedingte Nachteile
Bereits unter Geltung des § 1573 Abs. 5 BGB a.F. hat der BGH geprüft, ob ehebedingte Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, vorhanden sind, die es rechtfertigen, den ehelichen Lebensstandard aufrechtzuerhalten und die wirtschaftliche nacheheliche Solidarität des unterhaltspflichtigen Ehegatten einzufordern. Nach der Ratio des § 1573 Abs. 5 BGB a.F. kann eine lebenslange Beibehaltung des ehelichen Lebensstandards nur dann angemessen sein, wenn etwa die Ehe lange gedauert hat, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte aus der Ehe hervorgegangene gemeinsame Kinder betreut oder betreut hat, wenn er erhebliche berufliche Nachteile um der Ehe willen auf sich genommen hat oder wenn sonstige Gründe (z.B. Alter oder Gesundheitszustand des Berechtigten) für eine dauerhafte Lebensstandardgarantie sprechen (BGH, Urt. v. 28.2.2007 – XII ZR 35/05, FamRZ 2007, 793). Anderenfalls kann dem unterhaltsberechtigten Ehegatten zugemutet werden, sich nach einer Übergangszeit mit einem Lebensstandard zu begnügen, der demjenigen entspricht, den er vor der Ehe gehabt hat. Dementsprechend kommt es zuvorderst darauf an, ob sich der den Aufstockungsunterhalt begründende Einkommensunterschied der Ehegatten als ein ehebedingter Nachteil darstellt, der einen dauerhaften unterhaltsrechtlichen Ausgleich zugunsten des unterhaltsberechtigten Ehegatten rechtfertigt.
2. Rechtsprechung zu § 1578b BGB
Diese grundsätzliche Rechtsprechung hat der BGH mit Inkrafttreten des § 1578b BGB fortgeführt. Der BGH hatte auch sogleich Gelegenheit, sich mit dem auf alle nachehelichen Unterhaltstatbestände ausgeweiteten Anwendungsbereich des § 1578b BGB zu befassen.
a) Krankheitsunterhalt
Auch der Krankheitsunterhalt ist nach neuer Rechtslage der Befristung zugänglich. Der Umstand, dass eine Erkrankung während der Ehe eintritt, führt nicht ohne weiteres zu einem ehebedingten Nachteil. Krankheiten sind nur in Ausnahmefällen ehebedingt; sie stellen sich vielfach als schicksalbedingt dar (BGH, Urt. v. 26.11.2008 – XII ZR 131/07, FamRZ 2009, 406 m. Anm. Schürmann = FamRB 2009, 68 = FF 2009, 116 m. Anm. Finke). Ob eine Befristung zu rechtfertigen ist, beurteilt sich auch im Fall des § 1572 BGB nach den in § 1578b BGB genannten Umständen, der Dauer der Pflege oder Erziehung gemeinschaftlicher Kinder, der Gestaltung der Hauhaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie der Dauer der Ehe. In dem vom BGH entschiedenen Fall war revisionsrechtlich die Würdigung nicht zu beanstanden, den Krankheitsunterhalt auf 3 Jahre zu befristen. Die Ehe hat 11 Jahre gedauert. Zusammengelebt hatten die Eheleute davon nur 5 Jahre. Der unterhaltsberechtigte Ehegatte verfügte über Einkünfte deutlich über dem Existenzminimum. Der unterhaltspflichtige Ehegatte hätte durch die Unterhaltsverpflichtung eine deutl...