(Ein nicht ganz ernst gemeinter Ratgeber)
Die Unterhaltsreform 2008 hat mittlerweile die Testphase beendet, in der der Rechtsanwalt nicht so recht wusste, wie er beraten soll und die Gerichte sich auf den Standpunkt stellten, wir schauen mal, was da kommt, und ist in der Praxis vollständig angekommen. Sie verlangt uns einiges an Anstrengung ab, wenngleich sie auch nicht das höchste Opfer verlangt, den völligen Verzicht auf tatsächlich Bewährtes.
Es wird nur die Aufgabe altbekannter und wohlvertrauter Ungerechtigkeiten zugunsten neuer Ungerechtigkeiten gefordert. Damit wird jedoch jeder Rechtsanwalt spielend fertig.
Was allerdings sehr ungewohnt ist, ist die gänzlich neue Anforderung an unser literarisches Talent. Es genügt nicht, nur den Sachverhalt, sprich die Ehe im Endstadium, zu durchleuchten und rechtlich Relevantes herauszustellen. Es muss das ganze Elend von der Eheschließung bis zum Besprechungstermin beim Anwalt durchleuchtet und der Wille bzw. die Absichten der Eheleute herausgefunden und dem Gericht verständlich dargelegt werden.
Das verlangt von jedem Familienrechtler nicht nur psychologischen Spürsinn, sondern auch ungewohnte detektivische Fähigkeiten. Der Rechtsanwalt muss mit Eloquenz und unermüdlicher Überzeugungskraft für die Interessen seines Mandanten streiten.
Schluss mit sachlichen, aber irgendwie blutleeren Schriftsätzen. Schluss mit klarer juristischer Subsumtion. Dafür kann man keine Lorbeeren mehr erwarten.
Wer noch immer vorträgt, dass die Klägerin minderjährige Kinder betreut und deswegen einen Unterhaltsanspruch hat, hat das Niveau eines angelernten Handwerkers nicht verlassen. Wer vorträgt, dass die Parteien einvernehmlich ihre Ehe so geführt haben, dass der Beklagte das Einkommen verdiente und die Klägerin sich um Haushalt und Kinder gekümmert hat, hat Problembewusstsein entwickelt, ist aber von mitreißender Rhetorik noch etwas entfernt.
Die wahre Könnerschaft offenbart sich da, wo sich die literarische Formulierungskraft des Rechtsanwalts mit der phantasievollen Flexibilität des Erinnerungsvermögens des Mandanten paart. Und die erstrahlt in der Königsklasse, dem Ehegattenunterhalt. Warmlaufen kann sich der Könner im Trennungsunterhalt, damit er die ganze argumentative Pracht im nachehelichen Unterhalt voll entfalten kann.
Nur wie kommt man zu dieser Meisterschaft? Wie überwindet man das Gefühl der Demut gegenüber gegnerischen Schriftsätzen, die einen mit Dankbarkeit erfüllen, dass man wenigstens lesen und schreiben kann?
Indem man sich endlich das Wesen der Ehe und der modernen Familie klar macht und überflüssigen Ballast abwirft. Dazu folgende Feststellungen, die in Fleisch und Blut übergehen sollten:
1. Alle Ehefrauen führen dem Ehemann den Haushalt
Die ganze emanzipatorische Entwicklung und das Gerede von der Gleichberechtigung ist doch nur ein Märchen. In Wahrheit wird jede Ehe als klassische Hausfrauenehe geführt. Die Ehefrau gibt sofort bei der Eheschließung oder spätestens bei den ersten Anzeichen einer Schwangerschaft die Arbeit auf, um sich fürderhin ganz und gar der Familie zu widmen, bis ihr irdisches Leben dereinst beendet ist. Der Ehemann verdient das Geld und liefert die Rente ab, bis auch sein irdisches Dasein vorüber ist. Abweichungen hiervon kann sich das durchschnittliche deutsche Ehepaar nicht vorstellen und waren deswegen auch niemals beabsichtigt.
2. Mit dem Jawort beginnt der ehebedingte Nachteil
Da das in Auflösung befindliche Ehepaar strikte Rollenverteilung als gottgegeben hingenommen hat und sich nichts anderes vorstellen konnte, ist die Ehe strenggenommen schon der erste Nachteil. Die in Stein gemeißelte Rollenverteilung ist der endgültige Sargnagel, denn jede Ehefrau hätte ohne Heirat selbstverständlich ein wirtschaftlich unabhängiges und glückliches Leben auf Grund einer hochqualifizierten Berufsausbildung geführt.
3. Es gibt keine normalen Kinder
Alle Kinder, deren Eltern über Unterhalt streiten, sind entweder so zart besaitet, dass sie allein keinen Schritt ins feindliche Leben wagen. Oder die Kinder sind von Geburt an verhaltensauffällig bzw. durch die Trennung völlig traumatisiert. Sie benötigen deswegen eine 24-Stunden-Betreuung, bis man sie irgendwann in die Hände eines zur weiteren Betreuung bereiten Ehegatten übergeben kann. Wer daran verzweifelt, dass er das Pech hat, erfreulich normale Kinder zu haben, sollte noch mal seinen Arzt oder Apotheker befragen.
4. Die Ehe macht krank
Ist der Glanz der Ehe im Laufe der Jahre etwas matt geworden oder befindet sie sich gar in Liquidation, wird schlagartig klar, dass alle körperlichen Gebrechen nicht nur auf natürlichem Verschleiß beruhen, sondern dass da ein innerer Zusammenhang mit dem unerträglichen Verhalten des Ehepartners bestehen muss. Krankheiten sind bares Geld und müssen demzufolge gepflegt werden.
5. Über 30-jährige Frauen sind nicht mehr in Arbeit zu vermitteln
Bislang war unklar, warum Rechtsanwälte das immer schon gewusst haben, Richter aber nie. Es liegt geradezu auf der Hand, dass es für die erfolgreic...