Helms / Kieninger / Rittner 2010, 211 Seiten, 54 EUR, FamRZ-Buch 33, Gieseking Verlag
Obgleich von außerordentlich hoher praktischer Relevanz mit Blick auf teilweise existenzielle Fragen für einen Mandanten, sowohl in persönlicher als auch wirtschaftlicher Hinsicht, wird das Abstammungsrecht bislang eher stiefmütterlich behandelt. Gesetzliche Modifikationen bzw. neue Tendenzen der Rechtsprechung sind unter dem Eindruck der Veränderungen, vor allem im Unterhaltsrecht, in den beiden letzten Jahren weitestgehend ohne wesentliche Beachtung geblieben.
Um so mehr ist das vorliegende Werk von Helms, Kieninger und Rittner zu begrüßen. Das Abstammungsrecht kann nie – gerade auch nicht in der familiengerichtlichen Praxis – losgelöst von medizinischen Erwägungen gesehen werden, wobei auf Seiten der Juristen mangelnde vertiefte medizinische Kenntnisse gerne als Fluchttür genutzt werden, um sich mit verschiedenen Problembereichen nicht auseinander setzen zu müssen. Gerade an dieser Stelle setzt das vorliegende Werk an und gibt ihm seine besondere Bedeutsamkeit.
Erkennbar und wohl auch ganz bewusst liegt das Schwergewicht auf der juristischen Darstellung der Kernprobleme des Abstammungsrechts. Aus der Zusammenarbeit zweier Juristen folgend, deren Arbeitsbereiche einerseits strikt wissenschaftlich ausgerichtet und andererseits durch die richterliche Tätigkeit eng mit der Praxis des Familienrechts verknüpft sind, wird das Abstammungsrecht umfassend dargestellt. Nicht nur die Rechtsprechung findet umfassend Berücksichtigung. Erkennbar ist auch die Absicht der Autoren, orientiert an den gesetzgeberischen Motiven, d.h. dem regelmäßigen Rückgriff auf die Gesetzesbegründungen, Sachzusammenhänge dar- und herzustellen bzw. neue Denkanstöße zu geben.
Der juristische Teil des Werkes ist übersichtlich gegliedert nach den materiellrechtlichen sowie den verfahrensrechtlichen Grundlagen des Abstammungsrechts.
Im materiellrechtlichen Rahmen, der auch Bezüge zum internationalen Abstammungsrecht herstellt, wird klar nach verschiedenen Lebenssachverhalten geordnet die Rechtslage dargestellt. Durch diese übersichtliche Gliederung bildet das vorliegende Werk nicht nur die für eine schnelle Recherche verlässliche Arbeitsgrundlage des bereits mit dem Familienrecht vertrauten Praktikers. Es bietet sich gleichermaßen als Grundlage an zur vertiefenden Recherche im Studium. Dass das vorliegende Werk in keiner hausinternen Bibliothek der Jugendämter fehlen sollte, ist eine Selbstverständlichkeit.
Der verfahrensrechtliche Teil des Werkes wird erkennbar von praxisrelevanten Themen bestimmt. Dies folgt bereits aus der Voranstellung der Verfahrensgrundsätze und den einzelnen Verfahrensgegenständen im Sinn des § 169 FamFG. Sodann wird nicht nur der Verfahrensablauf mit den wichtigen Bezügen etwa zur Frage der Verfahrensfähigkeit, aber auch den Besonderheiten der Beweisaufnahme, dargestellt, sondern auch die Problembereiche der Verfahrenskostenhilfe sowie der Kosten des Abstammungsverfahrens selbst. Gerade für die praktische Tätigkeit und die Beratung der Mandanten sind die letztgenannten Aspekte oft essentielles Kriterium.
Der dritte Teil des Werkes umfasst letztlich das aus medizinischer Sicht wesentliche Kriterium des Abstammungsverfahrens, d.h. das Gutachten selbst. Dargestellt werden zunächst die zur Abstammungsbegutachtung notwendigen medizinischen Grundlagen, bevor dann, orientiert an der historischen Entwicklung bis zur aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die bei der Gutachtenerstellung einzuhaltenden Richtlinien präzisiert werden. Zu der praktisch häufigen Problematik der Verwertbarkeit von Privatgutachten wird ebenso ausgeführt wie zu den Kosten eines Abstammungsgutachtens.
Zusammenfassend handelt es sich bei dem Werk von Helms, Kieninger und Rittner um eine uneingeschränkt gelungene Darstellung eines praxisrelevanten Themas. Das Buch ist für die praktische Tätigkeit uneingeschränkt zu empfehlen.
Monika Clausius, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht, Saarbrücken