Die rechtlichen Regelungen für Paarbeziehungen in Europa sind heute von einer großen Vielfalt und zudem einem dauernden Wandel unterworfen. Daher fällt es manchmal schon schwer, sich überhaupt einen Überblick zu bewahren. Nachfolgend soll es darum gehen, die wichtigsten Entwicklungen und Wertungen der nationalen Rechte deutlich zu machen. Dazu soll ein Blick auf die maßgeblichen nationalen und europäischen Regeln geworfen werden.
Das Hauptinteresse soll vor allem den Staaten der Europäischen Union gelten. Neben dem nationalen Recht kommt heute auf europäischer Ebene insbesondere die Europäische Menschenrechtskonvention in Betracht. Auch die Europäische Grundrechtscharta gibt jeder Person das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens. Das Diskriminierungsverbot des europäischen Primärrechts ist ebenfalls nicht außer Acht zu lassen.
Es soll hier vorwiegend um Paarbeziehungen unter Erwachsenen gehen. Damit wird nur ein Ausschnitt des Familienrechts erfasst. Von einem "Recht der Paarbeziehungen" zu sprechen, scheint noch gewöhnungsbedürftig, obwohl in der Wissenschaft manchmal schon "Partnerschaft" ("partnership") als Oberbegriff für unterschiedliche Formen, von denen die Ehe nur eine ist, verwendet wird. "Law of relationships", ein "Recht der Beziehungen" wäre zu wenig. Der Ausdruck wird zudem in einigen Common Law-Ländern für eingetragene Lebenspartnerschaften im deutschen Sinne verwendet.
Paare haben häufig auch Kinder; Paarbeziehungen sind daher auch Elternbeziehungen. Die rechtliche Behandlung des Paares sowie die Gleichbehandlung beider Elternteile spiegeln sich im Kindschaftsrecht wider. Im Kindschaftsrecht dominiert heute das Kindeswohl; eine Ableitung aus dem Eherecht ist in den Hintergrund getreten. Das Kind wird stärker als Träger eigener Rechte angesehen. Gleichzeitig hat das Kindschaftsrecht heute erhebliche Ausstrahlungswirkung auf das Recht der Paarbeziehungen. Daher sind auch einige kindschaftsrechtliche Fragen anzusprechen.
Nur am Rande kann auf das Internationale Privatrecht eingegangen werden, das regelt, welche Rechtsordnung zur Anwendung kommt. Hier geht es zum einen darum, ob und wem der Weg zu einer der rechtlich anerkannten Paarbeziehungen eröffnet ist und welche Wirkungen eintreten. In Deutschland wird im Eherecht vielfach noch auf die gemeinsame Staatsangehörigkeit abgestellt (Art. 13 ff. EGBGB), im Übrigen kommt es auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Paares an. Bei gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften entscheidet grundsätzlich das Recht am Ort der Eintragung (Art. 17b EGBGB). Es stellt sich aber auch die Frage der Anerkennung im Ausland eingegangener Verbindungen und die Bestimmung ihrer Wirkungen.
Immerhin entwickelt sich immer mehr ein europäisches internationales Familienrecht. Es werden zunehmend einheitliche europäische prozessrechtliche Regeln und auch materiellrechtliche Kollisionsregeln eingeführt. Diese Entwicklung begann im Familienrecht zunächst mit der Brüssel IIa-Verordnung für Ehesachen und elterliche Verantwortung in dem Bestreben, einen einheitlichen europäischen Justizraum in verfahrensrechtlicher Hinsicht zu schaffen. Inzwischen hat es aber auch das materielle Kollisionsrecht erfasst. Im Rahmen der verstärkten Zusammenarbeit wurden einheitliche Kollisionsnormen für die Ehescheidung erlassen (ursprünglicher Rom III Vorschlag). An Regeln für das eheliche Güterrecht und die vermögensrechtlichen Beziehungen registrierter Lebenspartnerschaften wird gearbeitet. Das Familienrecht tangiert die Belange der Beteiligten sowohl in persönlicher als auch in finanzieller Hinsicht in erheblicher Weise. Die Zunahme an grenzüberschreitenden und multinationalen Familienbeziehungen macht daher eine Vereinheitlichung der familienrechtlichen Kollisionsnormen und – auch wenn das umstritten ist – langfristig wohl auch des materiellen Familienrechts in der EU notwendig.
Wissenschaftlich wird zwar seit etwa einem Jahrzehnt daran gearbeitet, Gemeinsamkeiten der europäischen materiellen Familienrechte in Form von Prinzipien zu einzelnen Sachgebieten wie der Ehescheidung herauszuarbeiten. Aktiv ist in dieser Hinsicht vor allem die wissenschaftliche Commission on European Family Law. Es handelt sich hierbei bislang allerdings im Wesentlichen um Rechtsvergleichung und Grundlagenforschung. Das materielle Familienrecht in der Europäischen Union ist nach wie vor nicht vereinheitlicht, vielmehr ist das Sachrecht in den einzelnen Mitgliedstaaten verschieden. Nur in Randbereichen gibt es Vereinheitlichungen. So wird ein zusätzlicher deutsch-französischer Wahlgüterstand der Zugewinngemeinschaft eingeführt werden, der auf einem deutsch-französischen Abkommen beruht. Zu nennen sind auch Überlegungen, eine besondere – durch Erklärung wählbare – europäische Ehe mit eigenen Regeln zu entwickeln.
Der heutige familienrechtliche Rechtszustand ist durch eine wachsende Bereitschaft zur Anerkennung unterschiedlicher Lebensformen gekennzeichnet. Als ve...