Zulässigkeit des Abänderungsantrags

Der BGH verneint eine Präklusion des Antragstellers nach § 238 Abs. 2 FamFG, der sein Abänderungsbegehren nach dem Sachverhalt allein auf die Änderung der Gesetzeslage in Gestalt des § 1578b BGB durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21.12.2007 gestützt hat. Grundsätzlich kann ein Abänderungsbegehren auf die Änderung der Gesetzeslage gestützt werden.[1] Hinsichtlich des § 1578b BGB ist indes die Art des Unterhaltstitels, dessen Erlass und die Anspruchsgrundlage des zugesprochenen Nachscheidungsunterhalts zu beachten. Die Präklusion nach § 238 Abs. 2 FamFG kann sich nur bei gerichtlichen Unterhaltsbeschlüssen zu Lasten des Abänderungsantragstellers auswirken. Der Zeitpunkt des Erlasses des Unterhaltstitels kann eine Präklusion nach sich ziehen, wenn er nach dem Urteil des BGH vom 12.4.2006[2] mit der darin vollzogenen Rechtsprechungsänderung erlassen war und der Unterhaltsanspruch allein auf § 1573 Abs. 2 BGB beruhte. Für den Fall ergab sich aus dem Inkrafttreten des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes vom 21.12.2007 keine wesentliche Veränderung der Verhältnisse.[3] Im entschiedenen Fall stammte der gerichtliche Unterhaltstitel aus dem Jahr 2003. Zugesprochen wurde Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB. Für den Fall ist das auf § 1578b BGB gestützte Abänderungsbegehren zulässig. Die Änderung der Rechtslage durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21.12.2007 stellt eine wesentliche Veränderung dar. Zwar sei, so der BGH, auch der Krankheitsunterhalt nach § 1578 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. einer Begrenzung zugänglich gewesen, jedoch regelmäßig nur bei einer nicht (besonders) langen Ehedauer in Erwägung gezogen worden. Einen vollständigen Wegfall des Unterhalts habe die Vorschrift nicht erlaubt.[4]

Anwendung des § 1578b BGB beim Krankheitsunterhalt

a) Krankheit als ehebedingter Nachteil

Der BGH knüpft bei der Prüfung, ob dem Unterhaltsberechtigten ehebedingte Nachteile entstanden sind, an seine bisherigen Aussagen an:

Ehebedingte Nachteile müssen "durch" die Ehe verursacht sein.
Hierfür müssen die Pflege und Erziehung eines gemeinsamen Kindes sowie die Gestaltung der Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit bedeutsam sein.
Unter ehebedingten Nachteilen sind vornehmlich solche Einbußen zu verstehen, die sich aus der Rollenverteilung in der Ehe ergeben.
Ehebedingte Nachteile ergeben sich regelmäßig nicht aus sonstigen persönlichen Umständen, die insbesondere mit dem Scheitern der Ehe zusammenhängen.[5]
Die Erkrankung des unterhaltsberechtigten Ehegatten ist in aller Regel nicht ehebedingt.
Eine Mitverantwortung unabhängig von der Ehe ist nicht ausgeschlossen, jedoch mit Zurückhaltung zu versehen, denn eine Aufarbeitung ehelichen Fehlverhaltens nach Kriterien subjektiver Vorwerfbarkeit soll im Rahmen der Billigkeitsabwägung nicht stattfinden.

b) Keine ausreichende Vorsorge für den Fall der Krankheit als ehebedingter Nachteil

Der BGH schreibt seine bisherige Rechtsprechung fort. Danach kann sich ein ehebedingter Nachteil daraus ergeben, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe nicht ausreichend für den Fall der krankheitsbedingten Erwerbsminderung vorgesorgt hat und seine Erwerbsunfähigkeitsrente infolge der Ehe und Kindererziehung geringer ist, als sie ohne die Ehe wäre.[6] Zu berücksichtigen ist für diesen Fall jedoch, dass unterschiedliche Vorsorgebeiträge angemessen ausgeglichen sind, wenn ein Versorgungsausgleich durchgeführt worden ist.[7]

Im Fall war ausgeschlossen, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe durch eigene Erwerbstätigkeit höhere Rentenanwartschaften hätte erwerben können, was darauf beruhte, dass der Unterhaltsberechtigte mit etwa 33 Jahren an Multipler Sklerose erkrankt war und in der Folge erwerbsunfähig wurde.

c) Berücksichtigung der nachehelichen Solidarität

Sind keine ehebedingten Nachteile festzustellen, kommt eine Herabsetzung oder Befristung des nachehelichen Unterhalts nur bei Unbilligkeit eines fortdauernden Unterhaltsanspruchs nach den ehelichen Lebensverhältnissen in Betracht.

Auch beim Krankheitsunterhalt sind wesentliche Aspekte der umfassend anzustellenden Billigkeitsabwägung neben der Dauer der Ehe insbesondere die in der Ehe gelebte Rollenverteilung wie auch die vom Unterhaltsberechtigten während der Ehe erbrachte Lebensleistung. Bedeutsam ist, wie dringend der Unterhaltsberechtigte auf den Unterhalt angewiesen ist und in welchem Maße der Unterhaltspflichtige – auch unter Berücksichtigung weiterer Unterhaltspflichten – durch die Unterhaltszahlungen belastet wird. Beachtlich ist die lange Dauer der Trennungsunterhaltszahlungen, ferner der Umstand, dass der Unterhaltsanspruch tituliert ist, denn insoweit besteht ein größerer Vertrauensschutz.

Die vom BGH im Rahmen seines revisionsrechtlich eingeschränkten Prüfungsmaßstabs vorgenommene Würdigung zeigt die Bedeutsamkeit aller Billigkeitskriterien und die Schwierigkeit, im Einzelfall eine angemessene Lösung zu finden.

Die lange Ehedauer von rund 2...

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