Liegen kindeswohlrelevante Gründe vor, die gegen eine gemeinsame elterliche Sorge sprechen könnten, so hat das Gericht das vereinfachte Verfahren in ein normales (reguläres) Sorgerechtsverfahren nach § 155a Abs. 4 FamFG überzuleiten. Im Rahmen dieses Sorgerechtsverfahrens bestehen grundsätzlich keine Besonderheiten, insbesondere gilt der Amtsermittlungsgrundsatz uneingeschränkt. Lediglich der Erörterungstermin nach § 155 Abs. 2 FamFG darf nicht vor Ablauf der zum Schutz der Mutter bestehenden Karenzfrist von sechs Wochen nach der Geburt des Kindes angesetzt werden (§ 155a Abs. 4 S. 1 FamFG). Es findet eine persönliche Anhörung der Eltern statt (§ 155 Abs. 3, § 160 FamFG) und das Jugendamt ist anzuhören (§ 155 Abs. 2 S. 3, § 162 Abs. 1 S. 1 FamFG). Des Weiteren ist das Jugendamt auf seinen Antrag hin am Verfahren zu beteiligen (§ 162 Abs. 2 S. 2 FamFG) und es ist unter den Voraussetzungen des § 162 Abs. 3 S. 2 FamFG beschwerdeberechtigt. Für die persönliche Anhörung des Kindes gilt § 159 FamFG ohne Einschränkung. Unter den Voraussetzungen des § 158 Abs. 1 oder 2 FamFG ist ein Verfahrensbeistand zu bestellen und gegebenenfalls ist nach § 163 FamFG eine schriftliche Begutachtung anzuordnen. Liegen die Voraussetzungen des § 156 Abs. 1 FamFG vor, so hat das Gericht auf Einvernehmen hinzuwirken bzw. auf dort vorgesehene Wege zur Erzielung einer einvernehmlichen Konfliktlösung hinzuweisen oder eine Beratung durch die Träger der Kinder- und Jugendhilfe anzuordnen.
1. Entscheidung durch das Gericht
Innerhalb des normalen Sorgerechtsverfahrens hat das Gericht auf der Grundlage der vorgetragenen bzw. ersichtlichen kindeswohlrelevanten Gründe zu prüfen, ob die beantragte Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge bzw. eines Teils der Sorge dem Kindeswohl widerspricht (negative Kindeswohlprüfung, § 1626a Abs. 2 S. 1 BGB). Gelangt das Gericht zu der Erkenntnis, dass die Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge mit dem Kindeswohl unvereinbar ist, insbesondere zu erwarten ist, dass die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge zu erheblichen (einer Kindeswohlgefährdung nahe kommenden) Belastungen für das Kind führen würde, so hat es den Antrag abzuweisen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn auf "der Kommunikationsebene eine schwerwiegende und nachhaltige Störung vorlieg[t], die befürchten lässt, dass den Eltern eine gemeinsame Entscheidungsfindung nicht möglich sein wird und das Kind folglich erheblich belastet würde, würde man seine Eltern zwingen, die Sorge gemeinsam zu tragen". Des Weiteren gehören hierzu Fälle, "in denen sich womöglich über einen längeren Zeitraum beiderseits eine ablehnende Haltung verfestigt hat, so dass eine Verschärfung der Konflikte zwischen den Eltern zu erwarten ist, wenn man sie durch die Übertragung der gemeinsamen Sorge zwingt, sich über Angelegenheiten der gemeinsamen Sorge zu verständigen".
Wird diese Schwelle nicht erreicht, so hat das Gericht durch Beschluss die Sorge bzw. den beantragten Teil der Sorge auf beide Eltern zu übertragen.
2. Sorgeerklärungen zur Niederschrift des Gerichts
Gemäß § 155a Abs. 5 S. 1 FamFG können die Eltern im Erörterungstermin eines normalen Sorgerechtsverfahrens zur Niederschrift des Gerichts Sorgeerklärungen nach § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB abgeben (die Niederschrift ersetzt die nach § 1626d Abs. 1 BGB erforderliche öffentliche Beurkundung). Die Sorgeerklärungen sind nur wirksam, wenn sämtliche in §§ 1626b f. BGB geregelten Voraussetzungen vorliegen. Nicht zulässig ist die Abgabe von Sorgeerklärungen über einen Teil der elterlichen Sorge. Einigen sich die Eltern erst im Erörterungstermin darauf, dass nur ein Teil der elterlichen Sorge gemeinsam ausgeübt werden soll (und widerspricht dies nicht dem Kindeswohl), so hat das Gericht auf der Grundlage dieser Einigung der Eltern den gewünschten Teilbereich der elterlichen Sorge durch Beschluss auf beide Eltern gemeinsam zu übertragen.