1. Lebenspartner + Kind = Familie
Das Verhältnis von Ehe und Lebenspartnerschaft ist in den vergangen Jahren bereits in einer Reihe von Entscheidungen thematisiert worden. Die vorliegende Entscheidung ist insgesamt von großer Akzeptanz für die Lebenspartnerschaft geprägt. Lebenspartner sind, wenn sie rechtlich die Elternstellung bekleiden, auch verfassungsrechtlich vom Elternrecht gemäß Art. 6 Abs. 2 GG geschützt. Leben sie in dauerhafter Gemeinschaft mit einem Kind, bilden sie eine von Art. 6 Abs. 1 GG geschützte Familie. Eine Familie ist dort, wo Kinder sind, so das Gericht, unabhängig davon, ob die Eltern verheiratet oder unverheiratet oder gleichgeschlechtlich und damit nicht einmal theoretisch ehefähig sind. Überdies betont das BVerfG wiederum die Gemeinsamkeiten zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft. Beide Gemeinschaften, so das BVerfG, sind prinzipiell in der Lage, das behütete Aufwachsen eines Kindes in einer rechtlich stabilisierten Gemeinschaft zu sichern. Unabhängig davon, ob man eine Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare befürwortet, lässt sich damit sagen, dass die Partner sowohl mit der Ehe als auch mit der Lebenspartnerschaft einen Raum verbindlichen Einstehenwollens schaffen, der für Kinder ein beschütztes Aufwachsen ermöglichen kann. Die Lebenspartnerschaft gefährdet damit die Ehe nicht. Ehen und Lebenspartnerschaften bilden vielmehr unabhängig vom Geschlecht der Partner wertvolle Solidaritätszentren mit stabilisierender Ausstrahlungswirkung in unsere Gesellschaft.
2. Recht des Kindes – kein Recht auf Kinder
Bei aller Akzeptanz für Lebenspartner stellt das Urteil jedoch zutreffend die Rechte und das Wohl der betroffenen Kinder in den Mittelpunkt. Dies ist zu begrüßen. Kein Erwachsener hat ein Recht auf Kinder, sei er Ehegatte oder Lebenspartner. Daher muss bei jeder Adoption auch sorgfältig der individuelle Einzelfall geprüft werden. Eine Gefährdung des Kindeswohls war vorliegend nicht zu ersehen, überdies würden, wie das Gericht in Anlehnung an die Aussagen der Sachverständigen betont, solche Gefährdungen durch das Verbot der Sukzessivadoption nicht beseitigt, da die Kinder auch ohne eine Adoption weiter in ihrer sozialen Familie mit gleichgeschlechtlichen Eltern aufwachsen würden. Da eine Adoption nach der Rechtsprechung des EGMR nicht allein wegen der Homosexualität des Bewerbers abgelehnt werden darf, ließe sich, selbst wenn es gewünscht wäre, diese Situation auch nicht ausschließen. Der Effekt des Verbotes wäre lediglich, den betroffenen Kindern die Vorteile eines zweiten Elternteils zu nehmen. Dies kann, wie das Gericht feststellt, nicht richtig sein. Außerdem könnte das Kind die – angeblich zu seinem Schutz geschaffene Regelung – als Diskriminierung erleben:
Zitat
"Hingegen könnte das Kind die Verweigerung der rechtlichen Anerkennung seines Verhältnisses zum sozialen Elternteil als Abwehr und Ablehnung seiner Person und seiner Familie erleben."
Von größtem Interesse ist nun das Problem der gemeinschaftlichen Adoption durch Lebenspartner. Diese ist ihnen bisher im Gegensatz zu Ehegatten verwehrt.
Je nach Situation ermöglicht die Sukzessivadoption freilich in gewissen Grenzen bereits nach diesem Urteil eine gemeinschaftliche Adoption, wenn erst der eine und dann der andere Lebenspartner das Kind annimmt. Bereits nach der ersten Adoption entsteht allerdings, wenn das Adoptivelternteil in einer Lebenspartnerschaft lebt, eine Familie mit einem sozialen und einem rechtlichen Elternteil. Die Tatsache, dass ein Kind auch bei der Adoption durch eine Einzelperson nicht nur von dieser Person, sondern faktisch immer auch von deren Familie und persönlichem Umfeld angenommen wird, berücksichtigen die Adoptionsbehörden deshalb auch notwendigerweise bereits im ersten Adoptionsverfahren.
Das BVerfG musste sich mit der gemeinschaftlichen Adoption vorliegend (noch) nicht beschäftigen. In welchem Maße das Urteil eine Entscheidung über das Recht zur gemeinschaftlichen Adoption vorbestimmt, ist nicht ganz einfach zu beurteilen. Die Entscheidung stellt einen weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers hinsichtlich der Gestaltung des Familienlebens und des Rechts des Kindes auf staatliche Gewährleistung elterlicher Pflege und Erziehung fest....