"Unsicherheiten für die Vertragsparteien, erhöhte Risiken für den Schuldner, Mehrarbeit für den Vertragsgestalter, Anreiz zur Verschleppung von Scheidungsverfahren" – so beschreibt Born die Konsequenzen missratener Vereinbarungen über den Trennungsunterhalt. Obwohl der Wortlaut des trennungsrechtlichen Verzichtsverbots an Klarheit nichts zu wünschen übrig lässt, scheint die anwaltliche und notarielle Praxis zuweilen nicht der Versuchung widerstehen zu können, es mit Umgehungsvereinbarungen auszuhebeln – mit den Folgen, die Born so bildhaft beschreibt. Der XII. Senat des BGH hatte in letzter Zeit Gelegenheit, sich mit den Folgen solcher Vereinbarungen auseinanderzusetzen. Im ersten Fall ging es um einen notariellen Ehevertrag mit Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung, im zweiten um einen anlässlich der Eheschließung vereinbarten notariellen Ehevertrag. In beiden Fällen scheiterten die Regelungen zum Trennungsunterhalt am Verzichtsverbot, in beiden Fällen haben die Eheleute ihr Vertragswerk, welches im Übrigen Regelungen zum Vermögen, zum nachehelichen Unterhalt und zum Versorgungsausgleich enthielt, ohne Not gefährdet. Vor diesem Hintergrund erweisen sich Regelungen, die den Trennungsunterhalt entgegen dem gesetzlichen Modell beschränken, als Störfaktoren und in den Konsequenzen als unangenehme Tretminen.
Was war geschehen? Beispielhaft soll die Entscheidung vom 29.1.2014 herausgegriffen werden. Die seit 1991 verheirateten Eheleute hatten einen Ehevertrag mit Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung geschlossen, nachdem ihre Ehe im Jahre 2006 in eine Krise geraten war. Als Präambel haben sie wörtlich das Folgende festgestellt:
Zitat
"Die Parteien leben derzeit nicht getrennt, doch befindet sich ihre Ehe in einer Krise, da die Ehefrau ohne rechtfertigende oder entschuldigende Veranlassung mutwillig aus der intakten Ehe ausgebrochen ist und intime Beziehungen zu einem anderen Mann aufgenommen hat."
Und weiter:
Zitat
"Für den Fall der Trennung wird keine der Parteien gegen die andere Getrenntlebensunterhaltsansprüche geltend machen. Insbesondere gehen sie davon aus, dass die Ehefrau wegen ihres ehebrecherischen Verhaltens die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1579 Ziff. 6 BGB in Verbindung mit § 1361 Abs. 3 BGB erfüllt und deshalb ihren Unterhaltsanspruch gegen den Ehemann verwirkt hat."
Den juristischen Beratern, aus deren Federn diese moralischen Textkeulen vermutlich stammen, wird schon bewusst gewesen sein, dass auch ein pactum de non petendo dem Verzichtsverbot nach § 1614 Abs. 1 BGB unterfällt. Zwar enthält ein solches pactum keinen expliziten Verzicht, es begründet aber eine Einrede gegen den geltend gemachten Unterhaltsanspruch und führt damit wirtschaftlich zum gleichen Ergebnis wie ein Unterhaltsverzicht. Daher ist nach ganz herrschender Meinung ein solches Umgehungsgeschäft unwirksam – an sich eine juristische Binsenwahrheit!
Die Besonderheit des Falles liegt darin, dass die Vertragsgestalter mit ihrer Formulierung das pactum mithilfe der Verwirkungsvorschriften nach § 1579 BGB selbst aushebeln wollten, nach dem Motto: Wo kein Unterhaltsanspruch ist, kann auch wirksam darauf verzichtet werden. Der XII. Senat hat solchen gestalterischen Arabesken die kalte Schulter gezeigt. Mit – so der BGH – "ergänzenden Feststellungen" kann dem pactum de non petendo nicht zur Wirksamkeit verholfen werden. Der Schutzzweck von § 1614 BGB ist universal: Der unterhaltsberechtigten Person kann unter Hinweis auf den Parteiwillen der Unterhaltsanspruch nicht versagt werden, auch dann nicht, wenn die Vereinbarung durch einen Verwirkungsgrund gestützt ist. Denn solche Feststellungen unterliegen dem Risiko einer "unrichtigen Tatsachenermittlung" oder einer "falschen Einschätzung der Rechtslage". So jedenfalls kann ein pactum nicht unangreifbar gemacht werden.
Vor dem Hintergrund des mit dem Verzichtsverbot bezweckten Schutzes ist das Postulat des BGH sicher überzeugend. Denn der Schutzzweck des Verzichtsverbots hat Doppelcharakter: Einmal soll individuell verhindert werden, dass sich der Unterhaltsberechtigte während der Trennungszeit durch Dispositionen über den Bestand des Unterhaltsanspruchs seiner Lebensgrundlage begibt, zum anderen soll der benachteiligte Ehegatte nicht der Sozialhilfe auf der Tasche liegen. Mit diesem Schutzzweck unvereinbar ist jede Umgehungsregelung, auch wenn sie durch in der notariellen Urkunde erwähnte Verwirkungsgründe unangreifbar gemacht werden soll.
In diesem Zusammenhang soll noch auf zwei weitere Stützkonstruktionen eingegangen werden, die in der Entscheidung des BGH vom 30.9.2015 eine Rolle gespielt haben. Wenn schon die Ehefrau auf einen Teil des Trennungsunterhalts verzichtet, soll ihr wenigstens ein nacheheliches Äquivalent geboten werden. Die Parteien hatten nämlich vereinbart, dass die Unterhaltspflicht zwar ruht, wenn sich die Ehefrau wiederverheiratet, aber ab der Rechtskraft der Scheidung der neuen Ehe wieder auflebt. Könnte nicht ein an sich unwirksames pactum de ...