In letzter Konsequenz würde ein striktes Verzichtsverbot ein bedingungsloses Gestaltungsverbot zur Folge haben. Eine Abweichung vom gesetzlichen Unterhaltsanspruch in Höhe von nur einem EUR würde die Nichtigkeit der gesamten Vereinbarung zur Folge haben. Schon lange ist daher ein Spielraum anerkannt worden, innerhalb dessen – so der BGH – "interessengemäße, angemessene Regelungen vereinbart werden können". Diese Rechtsprechung hat der BGH jüngst bestätigt. Born hat sie wie folgt zusammengefasst:
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Bei einer Unterschreitung bis zu 20 % des rechnerisch ermittelten Unterhalts bestehen keine Schwierigkeiten; |
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eine Unterschreitung um mehr als 1/3 ist in der Regel mit § 1614 Abs. 1 BGB unvereinbar; |
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in dem dazwischenliegenden Bereich zwischen 20 % und 1/3 kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an. |
So sehr diese Rechtsprechung einem praktischen Bedürfnis entspricht, so wenig sichere Grundlagen bietet sie, wenn sich der Anwender bei der Gestaltung darauf verlässt. Im Kindesunterhalt mag dieser Spielraum vor allem dann helfen, wenn die Einstufung in die Bedarfssätze der Düsseldorfer Tabelle oder der Bedarfskontrollbetrag im Grenzbereich liegt, auch wenn der Mindestunterhalt nach § 1612a Abs. 1 BGB unterschritten ist. Ist der Unterhaltsberechtigte auf den Unterhalt angewiesen, wird die Grenze umso enger zu ziehen sein. Alles in allem bleibt dieser judikatorische Spielraum aber ein unsicheres Geschäft. Man kann daher dem Praktiker nur raten, sich jeder Ausgestaltung des Trennungsunterhalts für die Zukunft jedenfalls dann zu enthalten, wenn der Vertrag oder die Vereinbarung weitere Regelungen zu Folgesachen enthält. Nicht ohne Not gefährdet man mit Eskapaden im Trennungsunterhalt die Wirksamkeit von wesentlich bedeutenderen Folgesachen wie Gütertrennung, Vereinbarungen zum Versorgungsausgleich und modifizierende Gestaltungen zum nachehelichen Unterhalt.
Auf zwei weniger angreifbare Gestaltungsoptionen soll in diesem Zusammenhang noch hingewiesen werden:
Immer möglich sind Vereinbarungen über Unterhaltsrückstände. Von diesem Gestaltungsspielraum sollte in Verträgen und Scheidungsvereinbarungen ausreichend Gebrauch gemacht werden. Einschließlich des Totalverzichts sind alle Vereinbarungen möglich und bedingungslos wirksam. Wer kein Risiko eingehen will, formuliert etwa:
Zitat
"Hinsichtlich des Trennungsunterhalts gelten die gesetzlichen Vorschriften. Die beteiligten Eheleute verzichten auf rückständigen Kindes- und Trennungsunterhalt und nehmen diesen Verzicht wechselseitig an."
Es gilt der alte römisch-rechtliche Grundsatz: in praeteritum non vivitur.
Für den Berater, der es nicht lassen kann, Regelungen für den künftigen Trennungsunterhalt zu formulieren, gibt der BGH in der "Krisenvertragsentscheidung" Hinweise. Wer sich auf bloße Absichtserklärungen beschränkt oder eine Geschäftsgrundlage mitteilt, vereinbart kein unzulässiges pactum de non petendo. So wäre etwa eine Formulierung nicht zu beanstanden, wonach die Eheleute übereinstimmend davon ausgehen, dass der Ehefrau bis zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ab einem bestimmten Zeitpunkt ein Anspruch auf Trennungsunterhalt in Höhe von 1.000 EUR zusteht. Kollisionen mit dem Verzichtsverbot sind bei solchen Formulierungen nicht zu befürchten, denn es wird ja auf nichts verzichtet und es findet ja auch keine objektive Verkürzung des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs statt.