I. Familienrechtliche Grundlagen
Geht es um Vereinbarungen im Unterhaltsrecht, finden sich im deutschen Recht ganz unterschiedliche Gestaltungsprinzipien. Es kommt nämlich darauf an, über welche Unterhaltsart disponiert werden soll. Bekanntlich unterscheidet das Familienrecht streng zwischen dem Verwandten-, Trennungs- und Ehegattenunterhalt. Diese Aufteilung spiegelt sich auch in den Rahmenbedingungen, die das Familienrecht für Unterhaltsverträge aufstellt. Im Verwandtenunterhalt gilt die Dispositionssperre: Für die Zukunft kann auf den Unterhalt nicht verzichtet werden, heißt es lapidar in § 1614 Abs. 1 BGB. Die Vorschrift gilt auch für den Familienunterhalt nach § 1360a Abs. 3 BGB, für den Trennungsunterhalt nach § 1361 Abs. 4 S. 4 BGB und schließlich für den Unterhalt des nicht verheirateten, betreuenden Elternteils nach § 1615l Abs. 3 S. 1 BGB. Von dieser universalen Dispositionssperre ist der nacheheliche Unterhaltsanspruch ausgenommen. Nach § 1585c S. 1 BGB können die Ehegatten über die Unterhaltspflicht für die Zeit nach der Scheidung Vereinbarungen treffen, was bedeutet, dass insoweit der Grundsatz der Privatautonomie wieder hergestellt wird. Allerdings werden die Ehegatten nicht ganz schutzlos in die Privatautonomie entlassen. Satz 2 unterwirft solche Vereinbarungen einem strengen Formprinzip, dem strengsten, welches das deutsche Recht kennt, nämlich der notariellen Vereinbarung oder Protokollierung in einem gerichtlichen Verfahren. Damit aber nicht genug, als flankierende Maßnahme werden solche Vereinbarungen einem richterlichen Kontrollverfahren unterworfen, der Wirksamkeits- bzw. Ausübungskontrolle.
Damit werden die Hürden transparent, die sich dem Rechtsanwender bei der Gestaltung von Unterhaltsvereinbarungen stellen. Konstellationen, die der Gestaltung nach § 1614 Abs. 1 BGB unterfallen, sind der vertraglichen Disposition grundsätzlich verwehrt. Wer dagegen verstößt, riskiert nach § 134 BGB die Unwirksamkeit, was mit unangenehmen rechtlichen Folgen verbunden sein kann, wie noch zu zeigen sein wird. Auf der anderen Seite steht der nacheheliche Unterhalt, der dem Prinzip der Privatautonomie verpflichtet ist. Aber auch auf diesem Sektor sind der gestalterischen Freiheit Grenzen gesetzt, einmal durch das Formprinzip des § 1585c S. 2 BGB, zum anderen mit der Rechtsprechung zur Inhalts- und Wirksamkeitskontrolle. Wie die veröffentlichten Fälle der ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung zeigen, verheddert sich die Praxis zuweilen in diesem dreiteiligen Konstrukt aus Dispositionssperre, Privatautonomie und richterlicher Kontrolle.
II. Störfaktor Trennungsunterhalt
"Unsicherheiten für die Vertragsparteien, erhöhte Risiken für den Schuldner, Mehrarbeit für den Vertragsgestalter, Anreiz zur Verschleppung von Scheidungsverfahren" – so beschreibt Born die Konsequenzen missratener Vereinbarungen über den Trennungsunterhalt. Obwohl der Wortlaut des trennungsrechtlichen Verzichtsverbots an Klarheit nichts zu wünschen übrig lässt, scheint die anwaltliche und notarielle Praxis zuweilen nicht der Versuchung widerstehen zu können, es mit Umgehungsvereinbarungen auszuhebeln – mit den Folgen, die Born so bildhaft beschreibt. Der XII. Senat des BGH hatte in letzter Zeit Gelegenheit, sich mit den Folgen solcher Vereinbarungen auseinanderzusetzen. Im ersten Fall ging es um einen notariellen Ehevertrag mit Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung, im zweiten um einen anlässlich der Eheschließung vereinbarten notariellen Ehevertrag. In beiden Fällen scheiterten die Regelungen zum Trennungsunterhalt am Verzichtsverbot, in beiden Fällen haben die Eheleute ihr Vertragswerk, welches im Übrigen Regelungen zum Vermögen, zum nachehelichen Unterhalt und zum Versorgungsausgleich enthielt, ohne Not gefährdet. Vor diesem Hintergrund erweisen sich Regelungen, die den Trennungsunterhalt entgegen dem gesetzlichen Modell beschränken, als Störfaktoren und in den Konsequenzen als unangenehme Tretminen.
Was war geschehen? Beispielhaft soll die Entscheidung vom 29.1.2014 herausgegriffen werden. Die seit 1991 verheirateten Eheleute hatten einen Ehevertrag mit Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung geschlossen, nachdem ihre Ehe im Jahre 2006 in eine Krise geraten war. Als Präambel haben sie wörtlich das Folgende festgestellt:
Zitat
"Die Parteien leben derzeit nicht getrennt, doch befindet sich ihre Ehe in einer Krise, da die Ehefrau ohne rechtfertigende oder entschuldigende Veranlassung mutwillig aus der intakten Ehe ausgebrochen ist und intime Beziehungen zu einem anderen Mann aufgenommen hat."
Und weiter:
Zitat
"Für den Fall der Trennung wird keine der Parteien gegen die andere Getrenntlebensunterhaltsansprüche geltend machen. Insbesondere gehen sie davon aus, dass die Ehefrau wegen ihres ehebrecherischen Verhaltens die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1579 Ziff. 6 BGB in Verbindung mit § 1361 Abs. 3 BGB erfüllt und deshalb ihren Unterhaltsanspruch gegen den Ehemann verwirkt hat."
Den juristischen Beratern, aus deren Federn diese moralischen Textkeulen vermutlich stammen, wird schon bewuss...