1. Im Bezugszeitraum von Elterngeld
In den Fällen, in denen der unterhaltsberechtigte Ehegatte seinen Unterhaltsanspruch auf §§ 1571 ff. BGB stützt, hat er die Rollenwahl des Elterngeld beziehenden, unterhaltspflichtigen Elternteils zu akzeptieren und daher möglicherweise keinen Anspruch mehr auf nachehelichen Unterhalt, sofern das dann noch vorhandene Einkommen nicht genügt, um den Unterhaltsanspruch zu befriedigen. Maßgeblich ist damit nur das durch Elterngeld bezogene Einkommen. Entscheidender Grund ist, dass der Unterhaltsanspruch des bisherigen Ehegatten gemäß § 1609 Nr. 3 BGB nachrangig ist.
2. Nach dem Bezugszeitraum von Elterngeld
Im Gegensatz zum Kindesunterhalt für einen Minderjährigen (Rang: § 1609 Nr. 1 BGB) steht der Unterhaltsanspruch des unterhaltsberechtigten Ehegatten, sofern der Unterhaltsanspruch nicht aufgrund der Kinderbetreuung besteht, als reiner Aufstockungsunterhalt (§ 1573 Abs. 2 BGB) oder Alters-/Krankheitsunterhalt (§§ 1571, 1572 BGB) im Rang von § 1609 Nr. 3 BGB.
Der frühere Ehegatte hat die Rollenwahl des Ehegatten in der neuen Ehe zumindest insoweit zu akzeptieren, als dieser sich während der ersten drei Lebensjahre um das Kind aus der neuen Ehe kümmert (umstritten – a.A. wohl Klinkhammer, der immer eine konkrete Einzelfallabwägung vornimmt).
3. Nach Vollendung des dritten Lebensjahres
Hat das jüngste zu betreuende Kind das dritte Lebensjahr erreicht, wird in Anlehnung an die Grundsätze der §§ 1570 Abs. 1, 1615l BGB eine teilweise Erwerbstätigkeit zu erwarten sein.
4. Beispiel
Sachverhalt:
E, die geschiedene Ehefrau des M, versorgt die gemeinsamen Kinder KE 1, geboren am 10.10.2002 (14 J), und KE 2, geboren am 9.9.2009 (7 J). E arbeitet 75 % und verdient 1.200 EUR netto. Die Scheidung wurde 2012 rechtskräftig und M zur Zahlung eines nachehelichen Unterhalts i.H.v. 680 EUR verpflichtet. M verdient 3.500 EUR netto und hat mit seiner neuen Ehefrau F zwei weitere Kinder KF 1, geboren am 4.9.2013 (3 J), und KF 2, geboren am 8.2.2017. F verdiente zuletzt 2.250 EUR, bezieht allerdings derzeit das verlängerte Erziehungsgeld (2 Jahre) i.H.v. aktuell 750 EUR.
M bezahlt den Kindesunterhalt für die Kinder KE 1 und KE 2 aus DT EGr 4, Ast. 3 und 2 i.H.v. (529 EUR – 96 EUR =) 433 EUR und (452 EUR – 96 EUR =) 356 EUR, somit 789 EUR.
M ist der Auffassung, der E nunmehr keinen Unterhalt mehr zu schulden.
Zu welchem Ergebnis gelangen sie?
Lösung:
Vorweg: Kindesunterhalt für die Kinder KE 1 und KE 2 sowie KF 1 und KF 2.
Grundsätzlich bei EkGr 6, da aber sechs Unterhaltsberechtigte, ist zumindest eine Herabstufung um zwei Stufen in EkGr 4 angemessen.
KE 1: (529 EUR – 96 EUR =) 433 EUR
KE 2: (452 EUR – 96 EUR =) 356 EUR
KF 1: (394 EUR – 96 EUR =) 298 EUR
KF 2: (394 EUR – 96 EUR =) 298 EUR
Insgesamt leistet M somit Kindesunterhalt i.H.v. 1.385 EUR (F ist nicht in der Lage, für den Kindesunterhalt etwas zu leisten; i.Ü. betreut sie die Kinder KF 1 und KF 2).
Dem M verbleiben daher noch 3.500 EUR – 1.385 EUR = 2.115 EUR.
Höhe des Unterhaltsanspruchs der E?
Anspruchsgrundlage: § 1570 BGB oder § 1573 Abs. 2 BGB?
E arbeitet 75 % – im Hinblick auf das Alter der Kinder. Grundsätzlich könnte sie in Vollzeit tätig sein. Sie müsste nachweisen, dass sie aus kind- oder elternbezogenen Gründen an einer Vollzeittätigkeit gehindert ist.
Alternative 1 – E kann aus kindbezogenen Gründen nicht mehr arbeiten:
Lösung 1:
Anspruchsgrundlage: § 1570 Abs. 2 BGB (Rang § 1609 Nr. 2 BGB – gleichrangig zu F)
1. Schritt:
Bedarf der E: In einem ersten Schritt ist der Bedarf ohne die Kinder KF 1 und KF 2 und ohne die F zu berechnen. M: 3.500 EUR – 789 EUR = 2.711 EUR.
Bedarf: ½ × (9/10 × 2.711 EUR + 9/10 × 1.200 EUR) = 1.760 EUR.
Höhe: 1.760 EUR – 1.080 EUR = 680 EUR.
Weiter ist der Bedarf der F zu berechnen: Elterngeld 750 EUR – einzusetzen sind aber nur 600 EUR (150 EUR frei)
Bedarf: ½ × (9/10 × 2.115 EUR – 680 EUR + 600 EUR) = 911,75 EUR – Mindestbedarf des Ehegatten 960 EUR
Höhe: 960 EUR – 600 EUR = 360 EUR
Leistungsfähigkeit: M zahlt Kindsunterhalt i.H.v. 1.385 EUR, an E 680 EUR und an F 360 EUR, sodass ihm 1.075 EUR verbleiben.
Es liegt ein (knapp) absoluter – auf jeden Fall aber relativer – Mangelfall vor, da der E sonst mehr verbliebe als dem M. (Grundsätzlich ist im Mangelfall der KiUH aus der ersten Einkommensgruppe zu entnehmen (SüdL 24.1.). Da hier allerdings nur um die Differenz von 5 EUR ein absoluter Mangelfall vorliegt (1.080 EUR – 1.075 EUR), verbleibt es zunächst bei der bisherigen Betrachtung – andernfalls müsste mit EkGr 1 gerechnet werden). Weiter wird hier die Auffassung vertreten, dass noch nicht ohne den Erwerbsbonus gerechnet we...