I. Wertgrenze für die Nichtzulassungsbeschwerde in Zivilsachen
Der DAV steht dem Vorhaben des BMJV, die bislang in der befristeten Übergangsvorschrift des § 26 Nr. 8 EGZPO verortete Regelung, wonach für Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision zum BGH in Zivilsachen ein Beschwerdewert von mehr als 20.000 EUR erforderlich ist, dauerhaft in § 544 ZPO festzuschreiben, kritisch gegenüber.
Die befristete Übergangsvorschrift besteht bereits seit dem Jahr 2002 und wurde seither wiederholt unter Berufung auf die Gesamtbelastung des BGH verlängert. Der DAV ist der Ansicht, dass einer drohenden Überlastung des BGH angesichts der Bedeutung der Revision (insbesondere im Hinblick auf die Gewährleistung einer einheitlichen Rechtsprechung) in anderer Weise begegnet werden sollte als durch die Festschreibung einer dauerhaften Wertgrenze für die Nichtzulassungsbeschwerde in der hier vorgesehenen Höhe.
Wenngleich der DAV es nicht begrüßt, dass die als Übergangsvorschrift vorgesehene Regelung des § 26 Nr. 8 EGZPO fortwährend verlängert wird, so stellt diese Gestaltung doch zumindest sicher, dass die Erforderlichkeit der Wertgrenze laufend überprüft wird und nur so lange aufrechterhalten bleibt, wie dies vor dem Hintergrund der Belastungssituation des BGH tatsächlich erforderlich ist. Eine dauerhafte Wertgrenze für die Nichtzulassungsbeschwerde in der hier vorgesehenen Höhe würde zu einer aus Sicht des DAV nicht gerechtfertigten Beschränkung der Rechtsschutzmöglichkeiten der Parteien führen und wäre darüber hinaus mit dem Risiko einer zunehmend uneinheitlichen Rechtsprechung auf Ebene der Instanzgerichte verbunden. Der DAV spricht sich vor diesem Hintergrund für eine Beibehaltung des § 26 Nr. 8 EGZPO aus.
Sofern der Gesetzgeber sich trotz dieser Bedenken für eine dauerhafte Streitwertgrenze ausspricht, sollte zumindest eine regelmäßige Evaluation der Auswirkungen einer solchen erfolgen.
II. Einführung einer Nichtzulassungsbeschwerde in Familiensachen und in FamFG-Erbsachen
Die Nichtzulassungsbeschwerde, ein im Zivilrecht übliches Rechtsmittel, ist in Familiensachen nicht gegeben. Der DAV bedauert unter Bezug auf die DAV-Initiativstellungnahme Nr. 28/2015 überdies ganz außerordentlich, dass mit dem Entwurf erneut nur die "Funktionstüchtigkeit der Zivilsenate des Bundesgerichtshofs" in den Blick genommen wurde. Obwohl fünf neue Richterstellen für Zivilsenate geschaffen wurden, hat man die Gelegenheit verstreichen lassen, endlich auch die Nichtzulassungsbeschwerde in Familiensachen einzuführen. Diese soll den Betroffenen nach wie vor versagt bleiben.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist darüber hinaus im Erbrecht nur in streitigen Verfahren, nicht aber in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit gegeben. Der DAV befürwortet die Einführung der Nichtzulassungsbeschwerde auch in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Dadurch würde der Widerspruch zum streitigen Verfahren, in dem z.T. die gleichen Rechtsfragen geklärt werden, beseitigt und eine größere Verfahrenseffektivität gewährleistet, weil nach (erfolglosem) Durchlaufen z.B. eines Erbscheinsverfahrens nicht der Umweg über das streitige Verfahren genommen werden müsste, um eine höchstrichterliche Entscheidung zu erhalten, die letztlich die Nachlassgerichte wieder bindet (DAV-Initiativstellungnahme Nr. 51/2017).
III. Ausbau der fachlichen Spezialisierung der Gerichte und Qualitätssicherung
Der DAV begrüßt den im Referentenentwurf vorgesehenen Ausbau der fachlichen Spezialisierung.
1. Grundsätzliche Überlegungen zum Ausbau der Spezialisierung im Erbrecht
Der DAV begrüßt die obligatorische Spezialisierung der Gerichte in Erbsachen uneingeschränkt als konsequente Fortführung der Reform vom 28.4.2017 (BGBl I, S. 969) und als einen guten und notwendigen Schritt in die richtige Richtung. Das Reformvorhaben liegt auf der Linie, die der DAV mit seiner Forderung nach Einführung des Großen Nachlassgerichts verfolgt (Stellungnahme des DAV vom Oktober 2017, Nr. 51/2017).
Die Spezialisierung auch der Gerichte ist nach der Einführung der Fachanwaltschaft im Erbrecht die richtige Reaktion auf die zunehmende wirtschaftliche Bedeutung des Erbrechts und die Tatsache, dass die erbrechtlichen Streitigkeiten zugrunde liegenden Fragestellungen komplex sind und differenzierte Lösungen (etwa bei der Erörterung von Vergleichslösungen) erfordern. Hierfür werden neben vertieften Kenntnissen des materiellen Rechts auch wirtschaftliches Verständnis und Kenntnisse angrenzender Rechtsgebiete benötigt (etwa: Familien-, Gesellschafts-, Stiftungs-, Sozial- und Internationales Privatrecht). Einschlägige Erfahrungen in persönlich geprägten Streitfällen sind vor allem für eine einvernehmliche Streitbeilegung unabdingbar. Benötigt werden auch Kenntnisse auf angrenzenden außerrechtlichen Gebieten (z.B. psychiatrische Grundkenntnisse bei der Beurteilung der Testierunfähigkeit).
Zu begrüßen ist auch, dass nach § 348 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1 ZPO nicht mehr originär der Einzelrichter, sondern der gesamte Spruchkörper über erbrechtliche Streitigkeiten entscheiden soll, so nicht gemäß § 348a Abs. 1 ZPO eine Übertragung auf den Einzelrichter erfolgt. Auf diese Weise würde nicht nur der genannten Komplexität der Materie Rechnung getragen. Vielmehr könnten auch im Rahmen langjähriger Spezialisierung gewonnene Erfahrungen ...