Durch § 144 Abs. 1 S. 1 ZPO-E soll dem Gericht ermöglicht werden, sich zur fachlichen Unterstützung weitergehend als bisher der besonderen Sachkunde von Sachverständigen zu bedienen, und zwar unabhängig von einer Beweisaufnahme in einem frühen Verfahrensstadium, ggf. auch verfahrensbegleitend. Ziel des Referentenentwurfs ist es dabei, dass die Gerichte von der Möglichkeit der Beiziehung von Sachverständigen häufiger, insbesondere bei komplexen, technisch komplizierten Sachverhalten, Gebrauch machen.

Obwohl die Zielrichtung, die fachliche Qualität von Gerichtsentscheidungen insbesondere bei komplexen, technisch komplizierten Sachverhalten zu verbessern, vom DAV grundsätzlich begrüßt wird, hält der DAV den nunmehr in § 144 Abs. 1 S. 1 ZPO-E vorgeschlagenen Weg einer allgemeinen Hinzuziehung von Sachverständigen, ggf. auch für die gesamte Dauer des Verfahrens, für problematisch. Zivilprozessual bedarf es eines Sachverständigen nur dann, wenn das Gericht bei einer streitigen (Einzel-)Sachfrage dessen Expertise braucht. Bei einer Gesamtbegleitung durch einen Sachverständigen stellt sich die Frage, wie dies mit dem Beibringungsgrundsatz in Einklang steht. Die Frage der Kostentragungspflicht für die Hinzuziehung eines Sachverständigen bleibt zudem unbeantwortet. Bisher war – aus Sicht des DAV zu Recht – Voraussetzung für eine gerichtliche Anordnung eines Sachverständigenbeweises, dass die sachverständige Begutachtung für eine sachgerechte Entscheidung unentbehrlich und insbesondere im Hinblick auf die durch ein schriftliches Sachverständigengutachten erfahrungsgemäß ausgelösten beträchtlichen Kosten auch angemessen und verhältnismäßig erscheint. Die Kosten für eine (dauerhafte) Begleitung durch einen Sachverständigen dürften beträchtlich höher sein; es ist daher zu erwarten, dass sich die Parteien erheblich gegen eine entsprechende Überwälzung von Sachverständigenkosten, die sie selbst nicht für erforderlich angesehen haben, zur Wehr setzen werden. Der DAV würde daher – wie schon verschiedentlich in seinen Stellungnahmen hervorgehoben und auch in dem Referentenentwurf vorgeschlagen – eine größere fachliche Spezialisierung der Gerichte als probates Mittel sehen; einer Erweiterung des § 144 ZPO steht der DAV eher kritisch gegenüber.

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