zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Regelung der Wertgrenze für die Nichtzulassungsbeschwerde in Zivilsachen, zum Ausbau der Spezialisierung bei den Gerichten sowie zur Änderung weiterer zivilprozessrechtlicher Vorschriften
Zusammenfassung
Der DAV spricht sich gegen die geplante dauerhafte Festschreibung der Wertgrenze für Nichtzulassungsbeschwerden aus, um ungerechtfertigte Beschränkungen von Rechtsschutzmöglichkeiten zu vermeiden. Er kritisiert insbesondere die Pläne zur Einführung eines Papier-Empfangsbekenntnisses im elektronischen Rechtsverkehr.
Einer fachlichen Spezialisierung gibt der DAV den Vorzug gegenüber einer allgemeinen Hinzuziehung von Sachverständigen, die mit dem Beibringungsgrundsatz nicht in Einklang zu bringen ist.
Der DAV fordert erneut eine Einführung der Nichtzulassungsbeschwerde in Familiensachen (DAV-Initiativstellungnahme Nr. 28/2015) und in FamFG-Erbsachen (DAV-Initiativstellungnahme Nr. 51/2017). Die Nichtzulassungsbeschwerde, ein im Zivilrecht übliches Rechtsmittel, ist in Familiensachen weiterhin nicht gegeben. Die neu geschaffenen Richterstellen für den BGH sollten dazu genutzt werden, endlich gleiches Recht zu gewähren.
Des Weiteren befürwortet der DAV eine Spezialisierung der Gerichte sehr, insbesondere auch in Erbsachen, die wirtschaftlich immer bedeutsamer werden und oft sehr komplex sind. Ziel sollte die Einführung eines Großen Nachlassgerichts sein (DAV-Initiativstellungnahme Nr. 51/2017). Es ist einem Laien und auch vielen Juristen kaum zu erklären, warum es nach dem Abschluss des Erbscheinsverfahrens vor dem Nachlassgericht noch die Möglichkeit gibt, einen streitigen Zivilprozess durch alle Instanzen zu führen, um letztlich das gleiche Ziel zu erreichen: die Klärung der Erbrechtsverhältnisse. Die Einführung des Großen Nachlassgerichts würde diese Problematik lösen, kurz: ein Lebens- (besser: Sterbens-)sachverhalt und ein Gericht (besser noch: ein Richterkollegium).
A. Allgemeiner Teil des Referentenentwurfs
I. Wertgrenze für die Nichtzulassungsbeschwerde in Zivilsachen
Der DAV steht dem Vorhaben des BMJV, die bislang in der befristeten Übergangsvorschrift des § 26 Nr. 8 EGZPO verortete Regelung, wonach für Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision zum BGH in Zivilsachen ein Beschwerdewert von mehr als 20.000 EUR erforderlich ist, dauerhaft in § 544 ZPO festzuschreiben, kritisch gegenüber.
Die befristete Übergangsvorschrift besteht bereits seit dem Jahr 2002 und wurde seither wiederholt unter Berufung auf die Gesamtbelastung des BGH verlängert. Der DAV ist der Ansicht, dass einer drohenden Überlastung des BGH angesichts der Bedeutung der Revision (insbesondere im Hinblick auf die Gewährleistung einer einheitlichen Rechtsprechung) in anderer Weise begegnet werden sollte als durch die Festschreibung einer dauerhaften Wertgrenze für die Nichtzulassungsbeschwerde in der hier vorgesehenen Höhe.
Wenngleich der DAV es nicht begrüßt, dass die als Übergangsvorschrift vorgesehene Regelung des § 26 Nr. 8 EGZPO fortwährend verlängert wird, so stellt diese Gestaltung doch zumindest sicher, dass die Erforderlichkeit der Wertgrenze laufend überprüft wird und nur so lange aufrechterhalten bleibt, wie dies vor dem Hintergrund der Belastungssituation des BGH tatsächlich erforderlich ist. Eine dauerhafte Wertgrenze für die Nichtzulassungsbeschwerde in der hier vorgesehenen Höhe würde zu einer aus Sicht des DAV nicht gerechtfertigten Beschränkung der Rechtsschutzmöglichkeiten der Parteien führen und wäre darüber hinaus mit dem Risiko einer zunehmend uneinheitlichen Rechtsprechung auf Ebene der Instanzgerichte verbunden. Der DAV spricht sich vor diesem Hintergrund für eine Beibehaltung des § 26 Nr. 8 EGZPO aus.
Sofern der Gesetzgeber sich trotz dieser Bedenken für eine dauerhafte Streitwertgrenze ausspricht, sollte zumindest eine regelmäßige Evaluation der Auswirkungen einer solchen erfolgen.
II. Einführung einer Nichtzulassungsbeschwerde in Familiensachen und in FamFG-Erbsachen
Die Nichtzulassungsbeschwerde, ein im Zivilrecht übliches Rechtsmittel, ist in Familiensachen nicht gegeben. Der DAV bedauert unter Bezug auf die DAV-Initiativstellungnahme Nr. 28/2015 überdies ganz außerordentlich, dass mit dem Entwurf erneut nur die "Funktionstüchtigkeit der Zivilsenate des Bundesgerichtshofs" in den Blick genommen wurde. Obwohl fünf neue Richterstellen für Zivilsenate geschaffen wurden, hat man die Gelegenheit verstreichen lassen, endlich auch die Nichtzulassungsbeschwerde in Familiensachen einzuführen. Diese soll den Betroffenen nach wie vor versagt bleiben.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist darüber hinaus im Erbrecht nur in streitigen Verfahren, nicht aber in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit gegeben. Der DAV befürwortet die Einführung der Nichtzulassungsbeschwerde auch in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Dadurch würde der Widerspruch zum streitigen Verfahren, in dem z.T. die gleichen Rechtsfragen geklärt werden, beseitigt und eine größere Verfahrenseffektivität gewährleistet, weil nach (erfolglosem) Durchlaufen z.B. eines Erbscheinsverfahrens nicht der Umweg über das streitige Verfahren genommen werden müsste, um eine höchstrichterliche Entscheidung zu erhalten, die letztlich ...