Die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen – hier zum Ehegattenunterhalt – ergibt sich aus seinen Einkünften abzüglich eines ihm zu belassenden Selbstbehalts.
a) Bemessung des Selbstbehalts
Eine Unterhaltspflicht besteht jedenfalls dann nicht, wenn der Unterhaltspflichtige in Folge einer solchen Pflicht selbst sozialhilfebedürftig würde. Denn dem Unterhaltspflichtigen muss schon aus verfassungsrechtlichen Gründen jedenfalls der Betrag verbleiben, der seinen eigenen Lebensbedarf nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen sicherstellt. Die finanzielle Leistungsfähigkeit endet deswegen jedenfalls dann, wenn der Unterhaltspflichtige nicht mehr in der Lage ist, seine eigene Existenz zu sichern. Bei der Bemessung des Selbstbehalts sind zusätzlich die gesetzlichen Vorgaben zu beachten, die sich insbesondere aus dem Wesen der Unterhaltspflicht ergeben.
Ein erhöhter Selbstbehalt des Erwerbstätigen im Rahmen der Leistungsfähigkeit – wie der Erwerbstätigenbonus im Rahmen der Bedarfsbemessung – honoriert die Fortführung der Erwerbstätigkeit. Ist der Unterhaltspflichtige allerdings nicht erwerbstätig, entfällt auch diese Rechtfertigung. Soweit im Rahmen der Leistungsfähigkeit auch beim Ehegattenunterhalt eine entsprechende Differenzierung vorgenommen wird, ist dies daher nicht zu beanstanden.
b) Berücksichtigung von Schulden
Der BGH hat seine bisherige Rechtsprechung zur Abzugsfähigkeit von Schulden im Rahmen der Leistungsfähigkeit – wenn auch zum Minderjährigenunterhalt, so doch grundsätzlich maßgeblich auch für andere Unterhaltsrechtsverhältnisse – bestätigt.
c) Auswirkungen der Begrenzung gleichrangiger Unterhaltspflichten auf die Leistungsfähigkeit für andere gleichrangige Unterhaltspflichten
In der unterhaltsrechtlichen Praxis treten vielfach Konkurrenzverhältnisse zunächst beim Kindesunterhalt auf, wenn minderjährige Kinder aus verschiedenen Beziehungen wegen ihres Gleichrangs nach § 1609 Nr. 1 BGB in Konkurrenz treten im Blick auf die Verteilung des dem barunterhaltspflichtigen Elternteil für Unterhaltszwecke zur Verfügung stehenden Einkommens. Dazu hat der BGH folgende Rechtsprechung entwickelt:
Treffen den Unterhaltspflichtigen als sonstige Verpflichtungen mehrere Unterhaltsverpflichtungen, besteht eine Rangfolge unter diesen nur nach Maßgabe des § 1609 BGB.
Mangels Regelung in § 1609 BGB bleibt es für gleichrangig Unterhaltsberechtigte bei der Regelung des § 1603 Abs. 1 BGB, wonach bei der Feststellung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen gegenüber jedem einzelnen Unterhaltsberechtigten seine sonstigen Verpflichtungen berücksichtigt werden müssen. Die einzelnen Ansprüche beschränken sich dabei gem. § 1603 Abs. 2 BGB gegenseitig, so dass sie verhältnismäßig gekürzt werden müssen.
Diese Kürzung erfolgt grundsätzlich proportional zu dem Unterhaltsbedarf der einzelnen Unterhaltsberechtigten. Danach ist also zunächst zu prüfen, welcher Unterhaltsanspruch jedem Berechtigten bei voller Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen zustehen würde. Sodann ist jeder Anspruch in dem Verhältnis zu kürzen, in dem die verfügbaren Mittel zu der Summe aller Ansprüche stehen.
Ein Unterhaltsanspruch wird grundsätzlich auch nicht dadurch rechtlich beeinträchtigt, dass ein anderer gleichrangiger Unterhaltsberechtigter bereits einen weitergehenden rechtskräftigen Titel über seinen Anspruch erwirkt hat und daraus vollstrecken kann. Er ist vielmehr so zu beurteilen wie bei gleichzeitiger Entscheidung über alle Unterhaltsansprüche. Der Unterhaltspflichtige ist dann gegebenenfalls darauf verwiesen, Abhilfe im Wege der Abänderung des bestehenden Titels zu suchen.
Entschieden hat der BGH nunmehr die Frage, ob für die Bestimmung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen der volle Unterhaltsbedarf eines Unterhaltsberechtigten auch insoweit heranzuziehen ist, als eine Zahlungspflicht für die Vergangenheit ausscheidet, weil der Unterhaltspflichtige von diesem weiteren gleichrangig Unterhaltsberechtigten nicht in Anspruch genommen worden ist.
Wenn ein Unterhaltspflichtiger gleichrangigen Kindern nach § 1603 Abs. 2 S. 1 und 2 BGB gesteigert unterhaltspflichtig ist, muss er alle nach Abzug des notwendigen Selbstbehalts verfügbaren Mittel einsetzen, um den Mindestunterhalt der Kinder sicherzustellen. Hat er für einzelne dieser nach § 1609 Nr. 1 BGB gleichrangigen Kinder in der Vergangenheit weniger geleistet, als dies der anteiligen Unterhaltsquote entspricht, und besteht für diese Kinder auch kein (höherer) Unterhaltstitel, können die dem Unterhaltspflichtigen verbliebenen Beträge im Hinblick auf § 1613 Abs. 1 BGB für die Vergangenheit zur Deckung des Mindestbedarfs der übrigen Kinder eingesetzt werden. Gleiches gilt für künftige Unterhaltsansprüche, wenn die dafür erforderliche Prognose dazu führt, dass einzelne gleichberechtigte Kinder auch in Zukunft weniger Unterhalt erhalten werden, als ihnen quotenmäßig zusteht. Sollte sich diese Prognose später als falsch herausstellen, ist der Unterhaltspflichtige auf eine Abänderu...