Bei gemeinsamer elterlicher Sorge hat der Obhutselternteil eines minderjährigen Kinders gemäß § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB das Recht, Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil geltend zu machen. Werden für das Kind Sozialleistungen nach dem SGB II erbracht, geht der Unterhaltsanspruch des Kindes gemäß § 33 Abs. 1 SGB II bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen auf den Leistungsträger über.

Kann der Obhutselternteil in diesen Fällen nach § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB den Unterhaltsanspruch des Kindes gegen den barunterhaltspflichtigen Elternteil geltend machen? Beachtlich ist insoweit, dass sozialrechtlich das Kind, nicht etwa der Obhutselternteil, an den die Sozialleistungen nach § 38 Abs. 1 SGB II geleistet werden, hinsichtlich der gewährten Sozialleistungen Anspruchsinhaber ist. Deshalb kann das Vertretungsrecht nach § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB nicht die Befugnis des Obhutselternteils umfassen, für sein Kind eine Vereinbarung über die Rückübertragung der Unterhaltsansprüche im Sinne von § 33 Abs. 4 S. 1 SGB II zu schließen. Gegenstand der Rückübertragung nach § 33 Abs. 4 S. 1 SGB II ist auch nicht die Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen, sondern der treuhänderische Rechtserwerb verbunden mit dem Auftrag, Aufgaben der Verwaltung wahrzunehmen. Dies geht über die Grenzen der durch § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB eingeräumten Befugnis zur Alleinvertretung hinaus.[28] In dieser Entscheidung hebt der BGH hervor, dass zunächst zu prüfen ist, ob ein Rechtsübergang überhaupt und in welcher Höhe dieser stattgefunden hat.

Dazu muss eine grundsicherungsrechtliche Vergleichsberechnung durchgeführt werden, die eine sozialrechtliche Betrachtungsweise erfordert. Insoweit kann – anders als im Unterhaltsrecht – nur auf tatsächlich erzielte Einkünfte des Unterhaltspflichtigen abgestellt werden. Die auf die Sozialleistungsträger übergegangenen Ansprüche sind dementsprechend auf den nach dem tatsächlich erzielten Einkommen berechneten Unterhalt begrenzt.[29] Soweit ein Anspruchsübergang danach in Gänze oder teilweise ausscheidet, bleibt das Kind zwar Anspruchsinhaber, doch könnte der Unterhaltspflichtige dem Unterhaltsbegehren wegen der erhaltenen Sozialleistungen unter Umständen den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) entgegenhalten.[30]

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