Die Frage, die den Anlass zur Zulassung der Rechtsbeschwerde gab, hat der BGH klar und überzeugend entschieden: Das in § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB begründete Alleinvertretungsrecht des Elternteils, in dessen Obhut sich ein Kind befindet, beschränkt sich auf die Durchsetzung des originären Unterhaltsanspruchs. Es handelt sich um eine eng begrenzte Ausnahmevorschrift, die bei einer fortbestehenden gemeinsamen elterlichen Sorge keinen Spielraum für eine erweiternde Auslegung bietet. Einer über den Gesetzeswortlaut hinausgehenden Interpretation steht insbesondere das durch Art. 6 GG geschützte Elternrecht des anderen Elternteils entgegen. Die deshalb außerhalb der Alltagsfragen notwendige Vertretung des Kindes durch beide Elternteile steht nicht nur auf dem Papier, sondern hat erhebliche praktische Folgen.[1]

Aus diesen allgemeinen Erwägungen folgt, dass es bei gemeinsamer elterlicher Sorge der Gesamtvertretung durch beide Elternteile bedarf, wenn ein Sozialleistungsträger die auf ihn übergegangenen Unterhaltsansprüche eines Kindes auf dieses zur gerichtlichen Durchsetzung zurückübertragen will. Denn Gegenstand dieser Vereinbarung ist nicht mehr die Durchsetzung des eigenen Anspruchs, sondern die Begründung eines Auftragsverhältnisses, durch das sich das Kind verpflichtet, die eigentlich der Sozialverwaltung obliegende Durchsetzung des Regressanspruchs zu übernehmen – so einfach, so überzeugend. Dies gilt nicht nur im SGB II, sondern betrifft die Anwendung aller Leistungsgesetze, die zur Durchsetzung des Regresses die Rückübertragung eines übergegangenen Anspruchs zulassen.[2] Verweigert der andere Elternteil die gewünschte Mitwirkung, bleibt als Ausweg nur eine Entscheidung nach § 1628 BGB.

In der Praxis wirkt sich die Entscheidung lediglich auf den Kindesunterhalt bei gemeinsamer elterlicher Sorge aus, während sich für die Vertretung bei Alleinsorge nichts ändert. Gleichwohl mahnt der vorliegende Beschluss zu großer Sorgfalt bei der Beurteilung der Rechtsbeziehungen, sobald ein Beteiligter zum Kreis der Hilfeempfänger gehört. Es ist in Unterhaltsverfahren immer wieder zu beobachten, dass der Bezug von Sozialleistungen erstmals aufgrund von Einwänden der Gegenseite thematisiert wird. Eine kurzfristig beschaffte Rückabtretung soll dann den Mangel der teilweise fehlenden Aktivlegitimation heilen – eine verbreitete Praxis, bei der die Wirksamkeit solcher Vereinbarungen nur selten hinterfragt wurde. Dies dürfte der Vergangenheit angehören. Nachdem der BGH die bestehenden rechtlichen Hindernisse aufgezeigt hat, ist indes nicht zu erwarten, dass sich ein ebenfalls sorgeberechtigter Antragsgegner kurzerhand zu der für eine Rückübertragung notwendigen Zustimmung bereitfinden wird. Weitere Probleme können Formularklauseln bereiten, wenn diese einem Leistungsempfänger unzulässige Verpflichtungen auferlegen und dann einer wirksamen Vereinbarung entgegenstehen. Der BGH hat dies bei dem verlangten VKH-Antrag zwar letztlich offengelassen, gibt aber zu erkennen, dass die Gerichte gehalten sind, die Wirksamkeit solcher Vereinbarungen auch am Maßstab des § 32 SGB I zu überprüfen.

Die vorliegend skizzierten Fragen betreffen die bis zum Eintritt der Rechtshängigkeit entstandenen Rückstände. Weitaus gewichtiger ist die zunächst zu klärende Frage, wessen Ansprüche und in welcher Höhe diese Ansprüche auf den Leistungsträger übergegangen sind und weiterhin übergehen. Denn der gesetzliche Anspruchsübergang endet nicht mit der Rechtshängigkeit, sondern setzt sich während des Verfahrens – und auch noch nach dessen Abschluss[3] – sukzessiv mit jeder ausgezahlten Leistung fort. Die ab Rechtshängigkeit eingreifende gesetzliche Verfahrensstandschaft (§ 265 ZPO i.V.m. § 113 FamFG) reicht wiederum nicht weiter, als es sich aus den für das jeweilige Leistungsgesetz maßgeblichen Regressvorschriften ergibt.

Beim Unterhaltsvorschuss sind die Voraussetzungen überschaubar. Anspruchsberechtigung und Leistung assen sich unproblematisch zuordnen. Es besteht ein Gleichlauf zwischen Unterhaltsberechnung und Regressanspruch, bei dem sich etwaige Begrenzungen nur noch aus einer Anspruchskürzung im Mangelfall ergeben können. Da § 7 UVG keine weiteren Einschränkungen enthält, geht der Unterhaltsanspruch bis zur Höhe der erbrachten Leistung auf das jeweilige Land über, der weitergehende Anspruch verbleibt unverändert beim Berechtigten. Liegt kein Mangelfall vor, sind dies zumindest 102 EUR, weil beim Unterhaltsvorschuss das Erstkindergeld in voller Höhe auf den Mindestunterhalt angerechnet wird.[4]

Weitaus komplexer gestalten sich die Verhältnisse bei der Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II). Wie der Senat in seiner Entscheidung nochmals herausgestellt hat, setzt sich die für die Bedarfsgemeinschaft erbrachte Leistung aus den Individualansprüchen ihrer Mitglieder zusammen. Bei einem Mehrpersonenhaushalt ergibt sich die Zuordnung aus dem jeweiligen Leistungsbescheid und stimmt kaum einmal mit der unterhaltsrechtlichen Betrachtung überein. Ein die Summe von Unte...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge