1. Ausnahmslose Geltung der gesetzlichen Regelung
Die Regelung des § 1757 Abs. 1 S. 1 BGB gilt nach seinem klaren Wortlaut ausnahmslos. Der BGH hat dies in der besprochenen Entscheidung nochmals bekräftigt.
Einzige Abweichungsmöglichkeiten sind die oben dargestellte Hinzusetzung des bisherigen Familiennamens sowie bei verheirateten Angenommenen die Beibehaltung des Ehenamens gemäß § 1767 Abs. 2 S. 3 BGB. Ist der Angenommene verheiratet und sein Name zum Ehenamen geworden, ändert sich dieser Ehename durch die Adoption nur dann, wenn der Ehegatte sich vor Adoptionsausspruch der Namensänderung anschließt. Diese Regelung dient dem Namenserhaltungsinteresse des Ehegatten.
Dass eine vom Wortlaut abweichende Auslegung des Gesetzes entgegen einiger anderslautenden Entscheidungen ausscheidet, begründet der BGH überzeugend anhand der Gesetzessystematik und der Gesetzgebungsgeschichte. Die wenigen abweichenden Entscheidungen liefern keine überzeugende Begründung für die zugestandene alleinige Fortführung des bisherigen Geburtsnamens. Dass die sinngemäße Geltung der Vorschriften über die Namensführung des § 1757 BGB den Besonderheiten der Volljährigenadoption Rechnung tragen und beachten müsse, dass eine besondere Identifikation mit dem bisherigen Namen bei den Anzunehmenden aufgrund ihres Alters vorhanden sei, genügt ebenso wenig wie der Hinweis auf die von der Grundregel des § 1757 Abs. 1 S. 1 abweichenden gesetzlich vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten, die aber gerade keine alleinige Fortführung des Geburtsnamens vorsehen. Eine Norminterpretation aber, die als richterliche Rechtsfortbildung den klaren Wortlaut des Gesetzes hintanstellt, keinen Widerhall im Gesetz findet und vom Gesetzgeber nicht ausdrücklich oder bei Vorliegen einer erkennbar planwidrigen Gesetzeslücke stillschweigend gebilligt ist, greift unzulässig in die Kompetenzen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers ein.
2. Verfassungswidrigkeit?
Der Rigorismus der geltenden Regelung könnte als Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verfassungswidrig sein.
Der BGH ist zu dieser Auffassung jedenfalls für den Fall gelangt, dass einem volljährigen Angenommenen, der bis zur Annahme als Kind seinen Geburtsnamen als Familiennamen, nicht aber als Ehenamen geführt hat, auch bei Vorliegen eines besonderen Kontinuitätsinteresses am eigenen Geburtsnamen die Möglichkeit verwehrt wird, diesen Geburtsnamen als alleinigen Familiennamen fortzuführen.
a) BGH-Begründung für Vorlagebeschluss
Die fehlende Möglichkeit einer alleinigen Fortführung des bisherigen Familiennamens trotz eines besonderen Kontinuitätsinteresses sei ein Eingriff in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sowie wegen der Verpflichtung zur Namensänderung auch in Art 8 Abs. 1 MRK. Dieser Eingriff sei verfassungswidrig, weil unverhältnismäßig.
Zwar verfolge der Gesetzgeber ein legitimes Ziel, nämlich die neue Zugehörigkeit des Angenommenen zur Familie des Annehmenden auch äußerlich sichtbar zu machen. Die geltende gesetzliche Regelung belaste aber den Angenommenen unverhältnismäßig: Der gesetzlich angeordnete Wechsel des Geburtsnamens korrespondiere nicht vollständig mit dem nach der Adoption bestehenden verwandtschaftlichen Beziehungsgeflecht, sondern spiegele nur einen deutlich untergeordneten Teilausschnitt der familiären Beziehungen des Angenommenen wider. Ein Volljähriger habe auch ein deutlich höheres Interesse an der Fortführung seines bisherigen Namens, wobei auch die Namenskontinuität Ordnungsinteressen diene. Andererseits verliere der Name als Ausweis der Familienzugehörigkeit angesichts geänderter gesellschaftlicher Gepflogenheiten zunehmend an Bedeutung. Dies werde nicht zuletzt belegt durch das Eckpunktepapier zur Reform des Namensrechts vom 11.2.2020, in welchem sich die Arbeitsgruppe sogar für eine anlasslose Namensänderungsmöglichkeit ausgesprochen habe. Die gesetzlich vorgesehene Milderungsmöglichkeit der Voranstellung oder Beifügung des bisherigen Namens reiche zumindest bei einem über den Regelfall hinausgehenden Kontinuitätsinteresse nicht aus.
b) Literaturstimmen für Verfassungswidrigkeit
Kritische Literaturstimmen argumentieren ergänzend, es könne nicht Aufgabe des Gesetzgebers sein, eine Integration des Angenommenen in den Familienverbund des Annehmenden mit dem Zwang zur Namensänderung durchzusetzen. Andere europäische Rechtsordnungen, welche eine Erwachsenenadoption gestatteten, sähen keineswegs zwingend die Übernahme des Familiennamens des Annehmenden vor. Es sei kein Grund ersichtlich, der es wichtiger erscheinen lasse, die durch die Adoption entstandene Eltern-Kind-Beziehung zu dokumentieren als die nach § 1770 Abs. 2 BGB weiterhin bestehende verwandtschaftliche Beziehung zwi...