1. Überblick
Auch die Regelungen zum Übergangsrecht in § 60 RVG sind neu gefasst worden. Diese Änderungen sind sogar früher (30.12.2020) in Kraft getreten als die übrigen Änderungen durch das KostRÄG 2021. Damit sollte bezweckt werden, dass in Übergangsfällen des KostRÄG 2021 bereits die neue Übergangsvorschrift des § 60 RVG anzuwenden ist.
Entfallen mit der Neufassung auch die bisherige Sonderregelung für Rechtsmittelverfahren worden. Hier gelten jetzt auch die allgemeinen Regelungen.
Zu beachten ist, dass die Übergangsregelungen nicht nur für die Gebühren gelten, sondern auch für die Auslagen, also insbesondere die Reisekosten. Nur dann, wenn das neue Gebührenrecht anzuwenden ist, gelten auch die neuen höheren Beträge für Fahrtkosten mit dem PKW sowie die Tages- und Abwesenheitspauschalen.
2. Wahlanwalt
Wird der Anwalt als Wahlanwalt beauftragt, ist das Datum der unbedingten Auftragserteilung zur jeweiligen Angelegenheit maßgebend (§ 60 Abs. 1 S. 1 RVG). Wird der Auftrag unbedingt erteilt, ist der Tag der Auftragserteilung maßgebend. Wird der Auftrag unter einer Bedingung erteilt, dann kommt es auf den Eintritt der Bedingung an.
Beispiel 11: Der Anwalt hatte von der Mandantin im Dezember 2020 den Auftrag erhalten, den Ehemann zur Unterhaltszahlung aufzufordern und für den Fall, dass dieser nicht bis zum 4.1.2021 zahle, bei Gericht einen entsprechenden Antrag einzureichen.
Die außergerichtliche Tätigkeit richtet sich nach altem Recht, da der unbedingte Auftrag hierzu noch vor dem 1.1.2021 erteilt worden ist. Der Auftrag zum gerichtlichen Verfahren ist zwar auch noch vor dem 1.1.2021 erteilt worden; er stand jedoch unter einer Bedingung, nämlich der Nichtzahlung seitens des Ehemanns. Erst mit Eintritt der Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB), also mit Ablauf des 4.1.2021 wurde dieser Auftrag zu einem unbedingten. Damit gilt insoweit also neues Recht.
Die Frage der Anwendung des jeweiligen Gebührenrechts ist für jeden Anwalt gesondert zu prüfen. Es kann daher sein, dass der eine Anwalt noch nach altem Recht abrechnet, während der andere Anwalt bereits nach neuem Recht abrechnet.
Beispiel 12: Der Anwalt hatte von der Mandantin im Dezember 2020 den Auftrag erhalten, einen Unterhaltsantrag beim FamG einzureichen. Nach Freigabe durch die Mandantin wird der Antrag im Januar 2021 eingereicht. Für den Antragsgegner bestellt sich nunmehr auch ein Anwalt.
Für den Anwalt der Antragstellerin ist der Auftrag im Dezember 2020 maßgebend, so dass für ihn altes Recht gilt. Für den Anwalt des Antragstellers gilt daher bereits neues Recht.
3. Beigeordneter Anwalt
Wird der Anwalt im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe beigeordnet, ist nicht auf die Bewilligung abzustellen, sondern auf den vorangegangenen Auftrag (§ 60 Abs. 1 S. 2 RVG).
Beispiel 13: Der Anwalt hat sich in einem Unterhaltsverfahren im Dezember 2020 für die Antragsgegnerin bestellt. Im Januar beantragte er für diese Verfahrenskostenhilfe und wurde im Februar beigeordnet.
Der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe ist ebenso unerheblich, wie das Datum der Beiordnung. Entscheidend ist der Auftrag, der im Dezember 2020 erteilt worden ist. Es ist damit nach altem Recht abzurechnen, und zwar sowohl gegenüber dem Mandanten als auch gegenüber der Landeskasse.
Lediglich in den Fällen, in denen der Beiordnung kein Wahlanwaltsauftrag vorangegangen ist, ist auf den Zeitpunkt der Beiordnung abzustellen (§ 60 Abs. 1 S. 3 RVG). Solche Fälle können sich beim Notanwalt ergeben oder auch im Fall des § 138 FamFG.
Beispiel 14: Der Anwalt war im Dezember gemäß § 138 FamFG im Rahmen eines Scheidungsverfahrens beigeordnet worden. Im Februar hatte der Mandant dann den Wahlanwaltsauftrag erteilt.
Hier ist jetzt abzustellen auf den früheren Zeitpunkt der Beiordnung. Es gilt also altes Recht. Das gilt dann auch für die später entstandene Wahlanwaltsvergütung (§ 60 Abs. 1 S. 5 RVG).
Soweit sich die Beiordnung auch auf zukünftige Angelegenheiten erstreckt, gilt nicht das Datum der Beiordnung, sondern der Auftrag zur zukünftigen Angelegenheit (§ 60 Abs. 1 S. 4 RVG). Bedeutung kann dies haben bei der Vollstreckung aus einstweiligen Anordnungen, da hier sich die Beiordnung auch auf die zukünftige Vollstreckung erstreckt:
Beispiel 15: Im Dezember 2020 war der Anwalt beauftragt worden, eine einstweilige Anordnung auf Unterhalt einzureichen und hierfür die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zu beantragen. Die einstweilige Anordnung ist im Dezember 2020 erlassen worden. Gleichzeitig wurde Verfahrenskostenhilfe bewilligt und der Anwalt beigeordnet. Im Januar 2021 ist der Anwalt beauftragt worden, aus der einstweiligen Anordnung zu vollstrecken.
Für das einstweilige Anordnungsverfahren gilt nach § 60 Abs. 1 S. 1 RVG noch das alte Recht, da der Auftrag vor dem 1.1.2021 erteilt worden ist.
Bei dem Vollstreckungsverfahren handelt es sich nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG um eine neue selbstständige Angelegenheit. Daher gelten hierfür bereits die neuen Gebührenbeträge. Zwar ist die Beiordnung für das Vollstreckungsverfahren schon im Dezember 2020 erfolgt. Insoweit ist näm...