Am 1.8.2021 tritt eine Änderung im Versorgungsausgleichsgesetz in Kraft. In dieser kleinen Reform geht es um Grenzwerte, die auf eine neue Art berechnet werden und um die Möglichkeit für den Ausgleichsberechtigten, den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich zu wählen, wenn der Ehegatte Rente bezieht und der kapitalgedeckte Teil verzehrt ist.
Die letzte große Reform im Versorgungsausgleich wurde 2009 durchgeführt. Sie brachte viele Verbesserungen und hielt ihr Versprechen, ein übersichtliches Gesetz mit klarer und verständlicher Sprache zu schaffen. Dennoch gibt es an einigen Stellen weiteren Reformbedarf. Das Versorgungsausgleichsrecht an den Schlusspunkt der Tagung zu setzen, war in der Chronologie der Themen – Abstammungs-, Kindschafts- und Unterhaltsrecht – sicherlich eine sinnvolle Überlegung, aber für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wegen der Kompliziertheit der Materie eine Herausforderung. Dr. Gudrun Lies-Benachib, Vorsitzende Richterin am OLG Frankfurt – Familiensenat Kassel, half mit ihrem anschaulichen und gut strukturieren Vortrag, diese Hürde zu überwinden. Sie zeigte, wo einige praktisch wichtige noch nicht erledigte Reformansätze im Versorgungsausgleichsrecht zu finden sind und erklärte, welche Probleme ihnen zugrunde liegen. Sie sprach über vergessene und übergangene Anrechte, über die Gerechtigkeit der Anpassungs- und Abänderungsregeln im Versorgungsausgleich und über die sehr aufwändige Anwendung der Geringfügigkeitsklausel. Sie berichtete auch über Bestrebungen, den Versorgungsausgleich als undurchdringliches Expertenrecht ganz abzuschaffen. Davon hielt Lies-Benachib allerdings nichts, denn auch wenn der gesellschaftliche Wandel den Versorgungsausgleich in manchen Fällen überflüssig werden lasse, weil zum Beispiel weniger Ehen geschlossen und auch weniger Ehen geschieden werden, könne auf den Ausgleich nicht verzichtet werden. Denn solange Kinder betreut werden müssen und nicht beide Eltern gleichermaßen arbeiten können, dürfe der Versorgungsausgleich nicht abgeschafft werden.
Der Beifall und der Dank für den "erfrischenden und informativen" Vortrag erreichte die Referentin im Chat, in dem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Fragen und Anmerkungen parallel zu den Beiträgen eintragen konnten.
Am Ende dieser erfolgreichen Tagung dankte Eva Becker der Anwaltakademie, die den technischen Ablauf der virtuellen Veranstaltung brillant gemeistert hatte. Vor allem aber appellierte Eva Becker noch einmal an den Gesetzgeber, er solle die dringend notwendigen Reformen im Familienrecht endlich anpacken, denn hier würden die zentralen Themen der Gesellschaft verhandelt.
"Zum Schluss wünschen wir uns alle nichts mehr, als dass wir uns am 25. und 26. November dieses Jahres in Berlin live und in Farbe bei der Herbsttagung der Arbeitsgemeinschaft endlich wiedersehen!"
Autor: Annette Wilmes
Annette Wilmes, Berlin
FF 9/2021, S. 338 - 340