Dem für die Aufnahme in die amtliche Sammlung bestimmten Beschluss liegt ein facettenreicher Sachverhalt zugrunde. Von diesem sind es die im amtlichen Leitsatz angesprochenen Problemfelder des durch eine Überlassung von Wohnraum (teilweise) gedeckten kindlichen Wohnbedarfs (I.) sowie die sich in der Senatsrechtsprechung schon seit einiger Zeit abzeichnende Veränderung bei der Bestimmung des allgemeinen Lebensbedarfs von Kindern (II.), die beide angesichts ihrer über den konkreten Fall hinausreichenden Bedeutung zu einer kritischen Diskussion herausfordern.
I. Die weitere Nutzung des alleinigen oder gemeinsamen Wohneigentums gehört zu den drängendsten Fragen, die nach einer Trennung möglichst kurzfristig geregelt werden sollten. Allerdings erweisen sich emotionale Bindungen an das selbst Geschaffene, das für weitere Finanzierungen unzulängliche Einkommen, Probleme bei der Suche nach einer Ersatzwohnung sowie rechtliche Hürden (§ 1365 BGB!) als meist unüberwindbare Hindernisse für schnelle, einvernehmliche Lösungen. So ist die Rechtsprechung immer wieder mit den Fragen der im Haushalt der Unterhaltsberechtigten anfallen Wohnkosten in unterschiedlichsten Fallkonstellationen befasst und entsprechend vielfältig ist der hierzu in Rechtsprechung und Literatur vertretene Meinungsstand.
Wenn sich der Senat nunmehr auf einen "Grundsatz" beruft, wonach ein kostenfrei zur Verfügung stehender Wohnraum nicht die Höhe des Kindesunterhalts beeinflussen soll, wäre schon eine nähere Begründung zu erwarten, aus welchen rechtlichen Zusammenhängen sich ein solcher Vorrang für den Ausgleich im "Unterhaltsverhältnis zwischen den Eltern" ergeben soll. Die angeführten Zitatstellen bringen diesbezüglich keine weitere Aufklärung und die rechtliche Systematik weist in die Gegenrichtung.
Der Wohnbedarf ist ein essentieller Bestandteil des notwendigen Lebensbedarfs und gemäß der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung jedem Angehörigen einer mehrköpfigen Gemeinschaft als individueller Anteil zugewiesen. Dementsprechend ist es beim Kindesunterhalt nicht zu bezweifeln, dass der Tabellenunterhalt auch den Wohnbedarf des Kindes umfasst. Dieser setzt sich wiederum aus einem Anteil für die Bruttokaltmiete sowie einen weiteren Teilbetrag für Heizung und Warmwasser zusammen. Der für alle Altersstufen identische Mindestbetrag erschließt sich unmittelbar aus dem jeweiligen Existenzminimumbericht. Seine Funktion charakterisiert der Senat in der vorliegenden Entscheidung zutreffend als einen "Mietkostenzuschuss", der den – mit dem Tabellenbedarf steigenden – angemessenen Wohnbedarf des Kindes abgelten soll. Angesichts der bekanntermaßen großen Varianz der Wohnkosten wäre es andernfalls unmöglich, einen umfassenden Kindesbedarf festzulegen. Auch aus einem anderen Grund erweist sich der Ansatz eines von den tatsächlichen Wohnkosten unabhängigen Betrages als sachgerecht. Denn deren Höhe wird zusätzlich durch Lage, Größe und Ausstattung entsprechend den persönlichen Präferenzen des betreuenden Elternteils beeinflusst und der individuelle Anteil verändert sich mit der Zahl der Haushaltsmitglieder – zwei Umstände, die den kindlichen Anteil am Wohnbedarf als eine abstrakt angemessene Größe unberührt lassen sollen.
Soweit ein Kind den verfügbaren Wohnraum kostenfrei nutzen kann, entfällt seine Bedürftigkeit und insoweit ein abgrenzbarer Teil des allumfassenden Tabellenbedarfs. Dabei kann im Ergebnis dahinstehen, ob ein Anspruch von vornherein nicht besteht (was bei eigenem Eigentum der Fall wäre) oder der Bedarf durch den von dritter Seite überlassenen Wohnraum befriedigt wird. Entscheidend ist vielmehr, dass es keinen einheitlichen Anspruch der Haushaltsgemeinschaft gibt, sondern aus dem unterhaltsrechtlichen Zwei-Personen-Verhältnis ein individueller Anspruch jedes einzeln Berechtigten folgt. Es gibt keinen rechtlichen Grund und auch keine sachliche Notwendigkeit, von dieser individuellen Beurteilung der Unterhaltsbeziehungen abzuweichen, um einen Ausgleich über die Unterhaltsbeziehungen zwischen den Eltern herbeizuführen. Die Höhe des vorrangig geschuldeten Kindesunterhalts kann doch nicht davon abhängen, wie sich das Unterhaltsverhältnis zwischen den Eltern gestaltet. Und wie ist es, wenn es – aus welchen Gründen auch immer – keinen Anspruch auf Ehegattenunterhalt gibt? Antworten auf solche Fragen stehen bei den anlässlich der Trennung getroffenen Arrangements noch in weiter Ferne und sind im Krisenfall – wie sich vorliegend zeigt – oft erst nach mehrjähriger gerichtlicher Auseinandersetzung zu erwarten.
In der Praxis reicht die Gestaltung von der unveränderten Übernahme aller Verpflichtungen einschließlich der Verbrauchskosten über die weiterhin getragene Finanzierung bis zur kostenfreien Überlassung des Wohnraums ohne eine Beteiligung an den laufenden Kosten. Das Motiv für eine Überlassung der bisherigen Ehewohnung dürfte indes regelmäßig dasselbe sein: Es geht in erster Linie darum, den Kindern das gewohnte Umfeld und die gewohnten Strukt...