1. Grundsatz
Das wesentliche Ergebnis der Anhörung muss gemäß § 28 Abs. 4 FamFG vom Gericht aktenkundig gemacht werden durch Verhandlungs- oder Aktenvermerk, um den Inhalt auf diese Weise für die Rechtsmittelinstanz zugänglich zu machen.
Immer muss das Ergebnis der Anhörung den Verfahrensbeteiligten vor der gerichtlichen Entscheidung bekannt gemacht werden, um eine dem Anspruch auf rechtliches Gehör genügende Information der Eltern über den Inhalt der Anhörung, bei der sie nicht anwesend waren, zu gewährleisten. Sie müssen Gelegenheit zur Stellungnahme haben, wobei dies gewährleistet ist, wenn die Bekanntmachung des Inhalts der Kindesanhörung zu Beginn der Verhandlung mit den Sorgeberechtigten erfolgt und diese sich dazu äußern können.
2. Appell für ein Wortprotokoll
Meiner Erfahrung nach ist trotz des Zeitaufwandes und der zusätzlichen Arbeit eine Wortprotokollierung des Inhalts der Anhörung nebst aller gestellten Fragen als vertrauensbildende Maßnahme den Eltern gegenüber und zur sinnvollen Verwendung für Dritte bei Fortgang des Verfahrens (für Sachverständige, Beratungsstellen etc.) zu bevorzugen.
Glaubwürdigkeit in das erkennende Gericht und Vertrauen entstehen dadurch, dass die Eltern an der Fragestellung registrieren, dass keine Suggestivfragen gestellt wurden, dass das Lebensumfeld beider Sorgeberechtigter und die Lebensumstände des Kindes ohne Benachteiligung einer Seite offen abgefragt wurden und dass sie an den Antworten des Sprachduktus ihres Kindes erkennen.
Der Vorteil liegt aber nicht nur in der Schaffung von Vertrauen, sondern während des Diktats des Wortprotokolls vor den Sorgeberechtigten habe ich als Richterin – dies auch vor dem Hintergrund der Amtsermittlung – regelmäßig zusätzlichen Erkenntnisgewinn anhand der dann oft ungefilterten emotionalen Reaktionen und/oder den verbalen Unmutsäußerungen oder Zwischenrufen.
Aus diesem Grund protokolliere ich im Regelfall den Inhalt der Kindesanhörung unmittelbar vor den Sorgeberechtigten, um diese direkten Rückmeldungen auch wahrnehmen zu können. Eine Protokollierung und Verschriftlichung zeitlich vor dem Termin mit den Eltern mit vorheriger Übersendung des Vermerks führen oft zu weiteren Schriftsätzen oder insistierenden Nach- und Kontrollfragen beim Kind durch die Eltern mit zahlreichen Monierungen, um die eigene Sicht der Dinge zu untermauern. Rechtliches Gehör kann auch gewährt werden nach der Protokollierung in Anwesenheit der Sorgeberechtigten.
Ferner empfehle ich, bei der Befragung es zu vermeiden, Formulierungen aus den Schriftsätzen der Beteiligten oder ihrer Verfahrensbevollmächtigten zu verwenden und Schlüsselbegriffe – zum Beispiel "elterliche Sorge" – zu vermeiden. Kinder werden oft auf eine Anhörung "vorbereitet", indem versucht wird, dem Kind mitzugeben, was es auf Fragen zu antworten hat, zum Beispiel auf die Fragen, wo es leben möchte, wer die elterliche Sorge ausüben soll etc. Wenn man den Wortschatz der Schriftsätze umgeht und kreativ die strittigen Themen mit anderen Worten anspricht, geben Kinder im Regelfall auch ihre eigenen Antworten.