Alea iacta est – mit dem vorstehenden Beschluss hat der BGH die kurze Kontroverse um die Reichweite des zum 1.7.2017 neu eingeführten § 7a UVG beendet und die erstmals in einer Beschwerdeentscheidung vom OLG Düsseldorf vertretene Auffassung bestätigt, dass sich aus § 7a UVG ein zugleich dem Schuldnerschutz dienendes Verfahrenshindernis ergebe.

Erst aus dem Rückblick auf die Entstehungsgeschichte des Gesetzes erschließt sich, weshalb es lange dauerte, bis die Vorschrift in den Fokus des familienrechtlichen Interesses geriet. § 7a UVG wurde auf Vorschlag der Bundesländer als Ergänzung zum Regierungsentwurf eingefügt, um unwirtschaftliche Rückgriffsbemühungen zu vermeiden. Während es in der Begründung heißt, dass unter den genannten Voraussetzungen der "Rückgriff entfällt",[1] übernahm der Haushaltsausschuss in seiner Beschlussempfehlung zwar den unveränderten Wortlaut des Entwurfs, ergänzte die Begründung aber um den Zusatz, dass "konkret die Vollstreckung" entfalle.[2] Nach Verabschiedung des Gesetzes wurde diese Lesart – auch vom Verfasser[3] – unkritisch referiert und konnte sich so fünf Jahre lang als praktisch unangefochten herrschende Meinung behaupten. Nur vereinzelte Stimmen betrachteten die Vorschrift als eine auch zugunsten des Unterhaltsschuldners wirkende Schutznorm.[4] Es ist das Verdienst zweier erstinstanzlicher Gerichte, unabhängig voneinander den Sinn der Vorschrift kritisch hinterfragt zu haben – mit dem übereinstimmenden Ergebnis, dass § 7a UVG als ein zwingendes Verfahrenshindernis zu interpretieren ist.[5] Das OLG Düsseldorf hat die Entscheidung des Familiengerichts bestätigt, das OLG Hamm hat sich dem angeschlossen, während das OLG Celle dieser Rechtsprechung in einem obiter dictum entgegengetreten ist.[6]

Ein Gesetzgeber sollte das sagen, was er meint. Während die Gesetzesfassung mit der Begründung harmoniert, dass übergegangene Ansprüche "nicht geltend gemacht" würden, verengt die abweichende Interpretation des Haushaltsausschusses die Anwendung auf das Vollstreckungsverfahren, ohne es jedoch im Gesetz selbst auszudrücken. Bei solch unüberbrückbaren Diskrepanzen ist es konsequent, wenn der Senat der Auslegung den Vorzug gibt, die dem Gesetzeswortlaut entspricht. Denn anders ließe sich das unverändert gebliebene Ziel, "verwaltungsaufwendige und unwirtschaftliche Rückgriffsbemühungen zu vermeiden" gar nicht erreichen. Der wesentliche Verwaltungsaufwand entsteht nicht bei der Vollstreckung, sondern bereits dann, wenn zweifelhafte Unterhaltsansprüche gerichtlich durchgesetzt werden sollen. Dieser Aufwand ist nicht allein auf die Unterhaltsvorschusskassen beschränkt, sondern erstreckt sich darüber hinaus auf die Beratungs- und Verfahrenskostenhilfe für den Schuldner sowie die Ressourcen der mit der Entscheidung befassten Gerichte – und dies ggf. noch über mehrere Instanzen. Wie auch immer die Gerichte dabei die Höhe des aus fiktivem Einkommen leistbaren Unterhalts beurteilen – ein Gerichtsbeschluss verändert nicht die tatsächlichen Lebensumstände mit einem weiterhin unzulänglichen Einkommen. Abgesehen davon, dass bei fortdauerndem Bezug von ALG II (jetzt Bürgergeld) dessen Pfändung ohnehin unzulässig wäre, hätte es für den Entschluss, aus einem unter solchen Voraussetzungen erwirkten Titel nicht zu vollstrecken, keiner Ergänzung des Gesetzes bedurft – eine verwaltungsinterne Richtlinie wäre völlig ausreichend gewesen.

Mit kurzer Begründung bestätigt der Senat zudem die Auffassung des OLG, dass die sozialrechtlichen Anforderungen des Förderns und Forderns einen ausreichenden Grund darstellen, um der Norm zugleich eine schuldnerschützende Wirkung beizulegen. Solche Erwägungen haben in den Beratungen des Haushaltsausschusses offenbar keine Rolle mehr gespielt. Doch sollte dieser Aspekt nicht gering geschätzt werden angesichts der Leitidee, die oft von Langzeitarbeitslosigkeit betroffenen Personen überhaupt für eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu befähigen.

Mit seinem Beschluss hat der BGH der Norm eine klare Kontur gegeben und mögliche Zweifelsfragen ausgeräumt: Für Zeiten, in denen die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind, ist eine gerichtliche Durchsetzung des Anspruchs generell ausgeschlossen. Dies bedeutet nicht nur einen befristeten Aufschub, sondern einen vollständigen Regressausschluss hinsichtlich der in diese Zeit fallenden Ansprüche. Damit ähnelt die Rechtsfolgenwirkung dem durch § 33 Abs. 2 S. 2 SGB II begrenzten Regress. Unterhaltsvorschuss ist in dieser Zeit als Ausfallleistung zu erbringen.

Dies hat erhebliche Folgen. Die Unterhaltsvorschusskassen sind zwar nach wie vor gehalten, die Einkommensangaben potentiell unterhaltspflichtiger Elternteile zu prüfen (UVG-RL-2022 zu § 7a UVG; Ziff. 7.1.2), werden das Verfahren aber abkürzen können, wenn sich herausstellt, dass die Voraussetzungen des § 7a UVG erfüllt sind. Letztlich ist es unerheblich, ob der Regress entfällt, weil mangels Leistungsfähigkeit kein Anspruch besteht oder ein nur auf fiktivem Einkommen beruhender An...

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