Beim Unterhalt eines volljährigen Kindes steht der Anspruch auf Ausbildungsunterhalt im Vordergrund.
1. Ausbildungsunterhalt und Gegenseitigkeitsverhältnis
Der aus § 1610 Abs. 2 BGB folgende Anspruch eines Kindes auf Finanzierung einer angemessenen, seiner Begabung, Neigung und seinem Leistungswillen entsprechenden Berufsausbildung ist vom Gegenseitigkeitsprinzip geprägt. Der Verpflichtung der Eltern, eine Berufsausbildung zu ermöglichen, steht auf Seiten des Kindes die Obliegenheit gegenüber, sie mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit zu beenden. Ein vorübergehendes leichteres Versagen führt nicht zum Verlust des Unterhaltsanspruchs. Verletzt das Kind aber nachhaltig seine Ausbildungsobliegenheit, büßt es seinen Unterhaltsanspruch ein und muss sich darauf verweisen lassen, seinen Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen.
Hat das Kind die Regelstudienzeit des von ihm absolvierten Studiums überschritten und das Studium nach weiteren 4 Semestern noch nicht abgeschlossen, hat es sein Studium nicht mit der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener Zeit beendet. In einem solchen Fall sind die Gründe, die für Verzögerungen sprechen, die auf nur vorübergehendem leichtfertigem Versagen beruhen, konkret vorzutragen. Dies gilt auch, soweit Verzögerungen als Folge der Corona-Pandemie bedeutsam sein sollen.
Die Entscheidung verdeutlicht den Grad der Darlegungs- und Beweislast, der das in der Ausbildung befindliche Kind unterworfen ist, sobald Verletzungen der Ausbildungsobliegenheit seitens der Eltern gerügt werden. Es geht um die Voraussetzungen des anspruchsbegründenden Tatbestandes und nicht um die Verwirkung nach § 1611 Abs. 1 BGB.
2. Teilschuldnerische Haftung der Eltern beim privilegiert volljährigen Kind
Nach § 1606 Abs. 3 S.1 BGB haften mehrere gleich nahe Verwandte anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen; dies gilt auch im Verhältnis zu sog. privilegiert Volljährigen nach § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB gilt. Die Haftungsanteile werden als Quote anhand des verteilungsfähigen Einkommens berechnet. Diese entspricht dem oberhalb des dem Unterhaltspflichtigen zu belassenden Selbstbehalts (Sockelbetrag) verfügbaren Einkommen. Soweit kein Mangelfall vorliegt, kann auf den angemessenen Selbstbehalt abgestellt werden.
Die Haftungsquoten der Eltern eines privilegierten volljährigen Kindes können nach Abzug des angemessenen Selbstbehalts auch dann bestimmt werden, wenn nur ein Elternteil über Einkünfte oberhalb dieses Betrages verfügt, jedoch dieser nach seinen Einkünften insgesamt den Kindesunterhalt erbringen kann.