a) Allgemeines
In Ehesachen (§ 121 FamFG) und Familienstreitsachen (§ 112 FamFG) trifft die aktive Nutzungspflicht Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse, § 130d Satz 1 ZPO. Im Familienrecht spielen Jugendämter als Behörden eine wichtige Rolle. Im Anwendungsbereich von § 14b FamFG bezieht sich die aktive Nutzungspflicht zusätzlich auf Notare. Mit anderen Worten: Im Anwendungsbereich von § 130d ZPO trifft Notare keine aktive Nutzungspflicht des elektronischen Rechtsverkehrs, im Anwendungsbereich von § 14b FamFG hingegen schon. Praktische Bedeutung hat die aktive Nutzungspflicht für Notare in Familiensachen besonders in Adoptionssachen, vgl. §§ 111 Nr. 4, 186 ff. FamFG. Außerhalb des Anwendungsbereichs der aktiven Nutzungspflicht besteht für sonstige Akteure auf freiwilliger Basis die Möglichkeit, den elektronischen Rechtsverkehr zu nutzen. In diesem Sinne haben beispielsweise nicht-anwaltliche Betreuer und nicht-anwaltliche Verfahrenspfleger eine Wahlmöglichkeit.
b) Verfahren ohne Anwaltszwang
Auch bei Verfahren, bei denen kein Anwaltszwang besteht, ist der Anwendungsbereich der aktiven Nutzungspflicht für den elektronischen Rechtsverkehr nach § 14b Abs. 1 Satz 1 FamFG bzw. § 130d Satz 1 ZPO eröffnet. Dass der Schriftsatz auch von der Partei selbst hätte übermittelt werden können und die Partei keine Verpflichtung zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs trifft, ändert nichts daran, dass professionelle Einreicher zur Übermittlung als elektronisches Dokument verpflichtet sind.
c) Selbstvertretung
Es wird diskutiert, inwiefern einen Rechtsanwalt die aktive Nutzungspflicht des elektronischen Rechtsverkehrs im Falle der Selbstvertretung betrifft. Insofern stellt sich die Frage, ob die aktive Nutzungspflicht auch dann besteht, wenn ein Rechtsanwalt in eigener Angelegenheit als Privatperson auftritt. Überwiegend wird eine differenzierte Betrachtungsweise vorgeschlagen: Sollte der Rechtsanwalt nicht zwischen seinem Beruf und seiner Stellung als Privatperson differenzieren, sei eine aktive Nutzungspflicht zu bejahen. Für den Fall, dass der Rechtsanwalt hingegen rein privat tätig sei und auch nicht auf seine berufliche Stellung hinweise, treffe ihn keine aktive Nutzungspflicht. Auf dieser Basis dürfte dann auch die Konstellation einzuordnen sein, in der sich ein Rechtsanwalt in Ehe- und Familienstreitsachen selbst vertritt. Hier trifft den Rechtsanwalt die aktive Nutzungspflicht des elektronischen Rechtsverkehrs, weil der Rechtsanwalt in diesem Fall in eigener Sache als Rechtsanwalt auftritt (vgl. § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 78 Abs. 4 ZPO).
d) Tätigkeit als Verfahrensbeistand oder -pfleger, Vormund, Pfleger, Betreuer
Umstritten ist, ob die aktive Nutzungspflicht nur die anwaltliche Tätigkeit des Rechtsanwalts betrifft oder ob sie aufgrund der Zugehörigkeit zu der Berufsgruppe der Rechtsanwälte bei allen Übersendungen an das Gericht einschlägig ist. Es stehen sich eine rollenbezogene Betrachtungsweise und eine statusbezogene Betrachtungsweise gegenüber. Die Argumentations- und Meinungslage ist einigermaßen unübersichtlich.
Anknüpfungspunkte für eine statusbezogene Auslegung ergäben sich nicht aus dem Wortlaut. Auch die Begründung zum Gesetzesentwurf für ein Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten spreche nicht für eine statusbezogene Sicht. Für eine rollenbezogene Betrachtungsweise wird u.a. vorgebracht, dass es Rechtsanwälten – anders als Privatpersonen – in solchen Konstellationen nicht zumutbar sei zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs verpflichtet zu sein. Die Gegenauffassung wirft zu Recht die Frage auf, warum Rechtsanwälte, die im Anwendungsbereich von § 14 Abs. 1 Satz 1 FamFG und § 130d Satz 1 ZPO einer aktiven Nutzungspflicht unterworfen sind, die Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs dann nicht zumutbar...