Jochem Schausten
Das Familienministerium hat kürzlich den neuen Väterreport veröffentlicht, der einen umfassenden Einblick in die aktuelle Situation der Väter in Deutschland bietet.
Dieser Bericht ist auch für uns Familienrechtler von Bedeutung, da er das Thema Väterbeteiligung im Familienrecht in den Fokus rückt und die Notwendigkeit betont, die Rechte und Verantwortlichkeiten der Väter in modernen Familien zu überdenken.
Die Studie verdeutlicht, dass sich die Rolle des Vaters in der Familie in den letzten Jahrzehnten erheblich verändert hat. Väter sind heute aktiver in der Kindererziehung, und viele von ihnen wünschen sich eine gleichberechtigte Teilhabe an der Kindererziehung und den familiären Verpflichtungen. Dieser gesellschaftliche Wandel erfordert auch eine Anpassung und Modernisierung des Familienrechts, um den Bedürfnissen und Erwartungen der heutigen Familien gerecht zu werden.
Ein zentrales Thema im Väterreport ist die elterliche Sorge und das Umgangsrecht nach einer Trennung oder Scheidung. Hier zeigt sich, dass die derzeitige Gesetzgebung und Praxis oft hinter den realen Bedürfnissen der Väter – und möglicherweise auch der Kinder (?) – zurückbleiben. Die Förderung einer aktiven Vaterschaft nach Trennungen ist von entscheidender Bedeutung, um die Bindung zwischen Vätern und Kindern aufrechtzuerhalten und das Wohl der Kinder sicherzustellen. Dies erfordert eine gerechte Aufteilung der elterlichen Sorge und flexiblere Umgangsregelungen.
Darüber hinaus weist der Väterreport auf weitere Herausforderungen hin, denen sich Väter gegenübersehen, wie beispielsweise Vorurteile und Diskriminierung in Bezug auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Dies kann dazu führen, dass Väter zögern, sich aktiv an der Kindererziehung zu beteiligen. Hier ist die Politik gefordert, um Väter zu ermutigen und zu unterstützen, damit sie ihre Verantwortung in der Familie wahrnehmen können, ohne berufliche Nachteile befürchten zu müssen.
Die Veröffentlichung des Väterreports sollte als Weckruf für die Gesellschaft und die Politik dienen. Es ist an der Zeit, die Rolle der Väter in der Familie und im Familienrecht neu zu bewerten und die notwendigen Schritte zur Modernisierung einzuleiten. Dies erfordert eine breite Diskussion und Zusammenarbeit zwischen Politikern, Juristen, Psychologen und Jugendamtsmitarbeitern, um sicherzustellen, dass die Interessen aller Familienmitglieder gleichermaßen berücksichtigt werden.
In diesem Zusammenhang darf auch noch einmal an die Ausführungen zum Familienrecht im Koalitionsvertrag erinnert werden: "Wir werden die partnerschaftliche Betreuung der Kinder nach der Trennung fördern, indem wir die umgangs- und betreuungsbedingten Mehrbelastungen im Sozial- und Steuerrecht besser berücksichtigen. Wir wollen allen Familien eine am Kindeswohl orientierte partnerschaftliche Betreuung minderjähriger Kinder auch nach Trennung und Scheidung der Eltern ermöglichen und die dafür erforderlichen Bedingungen schaffen. Wir wollen im Unterhaltsrecht die Betreuungsanteile vor und nach der Scheidung besser berücksichtigen, ohne das Existenzminimum des Kindes zu gefährden. Wir wollen gemeinsam mit den Ländern die Erziehungs-, sowie Trennungs- und Konfliktberatung verbessern und dabei insbesondere das Wechselmodell in den Mittelpunkt stellen."
Zuletzt hat das Justizministerium zumindest schon die Eckpunkte für eine Reform des Unterhaltsrechts vorgelegt. Vor dem Hintergrund, dass die Hälfte der Wahlperiode bereits um ist, wird es Zeit, dass jetzt auch die anderen angekündigten Reformbestrebungen angegangen werden.
Autor: Jochem Schausten
Jochem Schausten, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht, Krefeld
FF 10/2023, S. 381