Aufgeworfen war durch die dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 19.2.2013 zugrundeliegende fachrechtliche Rechtslage unter anderem die Frage, ob eine aus zwei eingetragenen Lebenspartnern und dem leiblichen oder angenommenen Kind eines der Partner bestehende sozial-familiäre Beziehung in den Schutzbereich des Familiengrundrechts aus Art. 6 Abs. 1 GG fällt. Fachrechtlich war es nach der damaligen Rechtslage möglich, dass der eine Partner der eingetragenen Lebenspartnerschaft zwar das leibliche Kind des anderen Partners adoptiert, ausgeschlossen war aber eine Annahme eines zuvor von dem anderen Partner adoptierten Kindes. Diese Sukzessivadoption war ausschließlich Eheleuten vorbehalten. Außer der auf der Hand liegenden gleichheitsrechtlichen Frage nach tragfähigen Sachgründen für die Differenzierung (Art. 3 Abs. 1 GG) kann der Ausschluss der Sukzessivadoption durch eingetragene Lebenspartner ersichtlich auch den Schutzbereich von Art. 6 Abs. 1 GG jedenfalls dann berühren, wenn die Lebenspartner mit dem betroffenen angenommenen Kind tatsächlich in einer sozial-familiären Beziehung leben. Die auf die Reichweite des verfassungsrechtlichen Schutzes von Familien durch Art. 6 Abs. 1 GG bezogenen Ausführungen sind unter dem Blickwinkel der Veränderungen des Verfassungsverständnisses im Verlaufe von 75 Jahren Geltung des Grundgesetzes unter zwei Gesichtspunkten von besonderem Interesse; zum einen im Hinblick auf die Ablösung des Schutzes der Familie vom Schutz der Ehe (a) sowie zum anderen im Hinblick auf das Verhältnis von Familienschutz (Art. 6 Abs. 1 GG) und des in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleisteten Elternrechts (b).
a) Das bei Schaffung des Grundgesetzes mindestens ganz überwiegende Verständnis dürfte, ohne hier der verfassungshistorischen Entwicklung im Einzelnen nachgehen zu können, durch eine enge Verknüpfung von Ehe- und Familienschutz gekennzeichnet gewesen sein. Deutlichen Ausdruck fand dieses hier als enge Verknüpfung gekennzeichnete Verständnis etwa in dem (zeitlich letzten) von der CDU/CSU im Parlamentarischen Rat vorgelegten Antrag zur Formulierung des nunmehr durch Art. 6 Abs. 1 GG gewährleisteten Ehe- und Familienschutzes:
Zitat
"Die Ehe als die rechtmäßige Form der dauernden Lebensgemeinschaft von Mann und Frau und die sich aus ihr entfaltende Familie sowie die aus der Ehe und der Zugehörigkeit zur Familie fließenden Rechte stehen unter dem besonderen Schutze der Gemeinschaft."
Die weiteren Beratungen in den verschiedenen Ausschüssen des Parlamentarischen Rates bieten ungeachtet des davon abweichenden Wortlauts des jetzigen Art. 6 Abs. 1 GG keine Anhaltspunkte dafür, dass mit der schlankeren, die Verknüpfung von Ehe und Familie nicht ausdrücklich benennenden Formulierung eine Abkehr von der Verbindung beider erfolgen sollte. Von einer solchen Verknüpfung hat sich das Bundesverfassungsgericht in der Auslegung von Art. 6 Abs. 1 GG allerdings mittlerweile deutlich abgesetzt. Der in Art. 6 Abs. 1 GG verwendete Familienbegriff sei nicht auf "prinzipiell ehefähige Partnerschaften" beschränkt, sondern erstrecke sich auch auf die nichteheliche Familie einschließlich gleichgeschlechtlicher Partnerschaften, die mit einem Kind in einer faktischen Eltern-Kind-Beziehung lebten. Bestehe eine solche Beziehung, stehe sie unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG. Die Verweigerung des Schutzes in solchen Konstellationen widerspräche dem Sinn dieses Grundrechts, der auf den Schutz der sozialen Familiengemeinschaft gerichtet sei. Das Bundesverfassungsgericht betont in diesem Zusammenhang den Gleichklang seiner Rechtsprechung zu Art. 6 Abs. 1 GG mit derjenigen des Europäischen Gerichtshofs für Menschrechte zu Art. 8 Abs. 1 EMRK, der unter Bezugnahme auf veränderte Verhältnisse in den Vertragsstaaten unter Aufgabe früherer Rechtsprechung auch gleichgeschlechtliche Beziehungen dem Schutz des Familienlebens durch Art. 8 Abs. 1 EMRK unterstellt habe.
Das Lösen der Verknüpfung von Ehe- und Familienschutz geht mit Veränderungen bei der Reichweite des Schutzbereichs des Familiengrundrechts einher. An die Stelle der sich "aus der Ehe entfaltenden Familie" tritt als maßgeblich die aus Erwachsenen und Kindern bestehende Gemeinschaft, wenn diese dauerhaft angelegt ist und "als umfassende Gemeinschaft gelebt wird". Weder auf das Geschlecht der der Gemeinschaft angehörenden Personen noch auf eine rechtliche Beziehung zwischen ihnen, sondern auf die sozial-familiäre Beziehung kommt es dann für das Eingreifen des Schutzbereichs des Art. 6 Abs. 1 GG als Familienschutz an. Nicht mehr die Rechtsform Ehe als zwischen den Eltern bestehendes Band zählt, sondern das tatsächliche Bestehen einer sozial-familiären Gemeinschaft. Zugleich verliert die Ehe im Sinne von Art. 6 Abs. 1 GG damit auch als Rechtfertigungsgrund für eine unterschiedliche rechtliche Behandlung von ehelichen und nichtehelichen Lebensgemeinschaften an Bedeutung. Auch das lässt sich an der Entscheidung zur Sukzessivadoption aufzeigen. Die unte...