Wegen der kargen verfassungsunmittelbaren Vorgaben und der damit zusammenhängenden Ausgestaltungsbedürftigkeit der Elternschaft im Sinne von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG ist es letztlich doch nicht überraschend, dass die Verfassungsrechtsprechung dazu allein in den beiden letzten Jahrzehnten nicht gänzlich unbedeutende Wandlungen unterworfen war. Ein Teil dieser Wandlungen zeigt sich an den Antworten auf die Fragen, nach welchen Kriterien sich bestimmt, wer Elternteil im Sinne des Elterngrundrechts ist, und wie viele Personen verfassungsrechtlich Eltern sein können, mithin die Frage nach einer Mehrelternschaft. Trotz noch zu referierender Wandlungen in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts besteht zumindest insoweit Konstanz, als dass Eltern nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG jedenfalls die im herkömmlichen Sinne leiblichen Eltern eines Kindes sind und diejenigen, denen das Fachrecht die Elternschaft (rechtliche Elternschaft) zugeordnet hat. Darüber hinaus zeigen sich nicht gänzlich unbedeutende Wandlungen im Verständnis verfassungsrechtlicher Elternschaft.
a) In seinem Beschl. v. 9.4.2003 hat das Bundesverfassungsgericht eine verfassungsrechtlich zwingend auf zwei Personen verschiedenen Geschlechts (Frau und Mann) beschränkte Elternschaft postuliert. Das hat es über die auf zwei solche Elternteile begrenzte Anzahl der Träger des Grundrechts aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG hergeleitet und für diese Begrenzung auf zwei zentrale Erwägungen abgestellt. Die erste knüpft an den natürlichen Vorgang der Zeugung an, indem darauf abgestellt worden ist, bereits der Umstand, dass ein Kind nur von einem Elternpaar abstammen können, lasse auf den Willen des Verfassungsgebers schließen, auch nur einem Elternpaar das Elternrecht für ein Kind zuweisen zu wollen. Das Argument trägt bei Beschränkung auf den natürlichen Zeugungsvorgang sicherlich, steht aber angesichts von Entwicklungen in der Reproduktionsmedizin in der Gefahr nachlassender Überzeugungskraft, weil eine genetische Verbindung zwischen Kind und Eltern nicht mehr ausschließlich auf den natürlichen Zeugungsakt als Ursache begrenzt ist. Von überdauernder Bedeutung ist dagegen die zweite, an die verfassungsrechtlich als notwendig vorgegebene Verknüpfung von Eltern(grund)recht und Elternverantwortung anknüpfende Erwägung. Mehr als zwei Elternteile könnten deshalb nicht Träger des zwingend mit Elternverantwortung verbundenen Elterngrundrechts sein, weil bei einer höheren Zahl von Grundrechtsträgern die der Zweielternschaft zugrunde liegende Vermutung nicht mehr trage, eine gemeinsame Wahrnehmung von Elternverantwortung diene regelmäßig den Interessen des Kindes am besten. Bei einer Elternverantwortung von mehr als zwei Elternteilen seien Rollenkonflikte und Kompetenzstreitigkeiten mit negativen Auswirkungen auf das Kindeswohl angelegt. In der Sache auf das staatliche Wächteramt rekurrierend hat das Bundesverfassungsgericht ergänzend darauf abgestellt, dass eine Mehrelternschaft eine personale Zuweisung von Elternverantwortung erschwere. Letztlich, so dürfte die Erwägung zu verstehen sein, ließe sich nicht mehr ohne Weiteres ausmachen, welcher Elternteil seiner Erziehungsverantwortung nicht hinreichend nachgekommen sei, so dass bei Vorliegen der Voraussetzungen (vor allem §§ 1666, 1666a BGB) nicht ohne weiteres bestimmt werden könne, gegen wen sorgerechtliche Maßnahme zu richten seien.
Die grundrechtsdogmatische Konzeption dieser Entscheidung hat zu einer ungewöhnlichen und wohl bislang für Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG singulär gebliebenen Konsequenz geführt. Da das Bundesverfassungsgericht nur leibliche, aber nicht rechtliche Väter wegen der Bedeutung der Abstammung für die verfassungsrechtliche Elterneigenschaft einerseits in den (personalen) Schutzbereich von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG einbezogen, ihnen aber bei Vorhandensein von zwei verschiedengeschlechtlichen rechtlichen Eltern andererseits die Grundrechtsträgerschaft verweigert hat, hat es für das Elterngrundrecht für verschiedene Eltern (im verfassungsrechtlichen Sinne) unterschiedlich weit reichende sachliche Schutzbereiche begründet. Während sich die rechtlichen Eltern eines Kindes auf den vollen Gewährleistungsgehalt des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG stützen können, ist der nur leibliche, aber nicht rechtliche Vater trotz seiner Stellung als Elternteil im verfassungsrechtlichen Sinne auf ein prozedurales Recht, den Zugang zu einem Verfahren, auch rechtlicher Vater seines Kindes werden zu können, reduziert gewesen.
b) Dieses dogmatische Verständnis von Elternschaft im Sinne von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG hat der hier bereits in anderem Zusammenhang behandelte Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zur Sukzessivadoption (oben IV.1.) nicht aufgegeben. Dennoch ist mit ihm eine erhebliche Veränderung im Verständnis des Elterngrundrechts verbunden. An der Vorgabe, Eltern als Träger des Elterngrundrechts (in seinem vollem Gewährleistungsumfang) könnten lediglich zwei Personen verschi...