Der BGH hat sich mit dieser Entscheidung erfreulich praxisgerecht zur Frage der rückwirkenden Inanspruchnahme auf Mehrbedarf des Kindes nach einem allgemein auf Kindesunterhalt bezogenen Auskunftsverlangen positioniert. In Abweichung von der Vorinstanz, dem OLG Schleswig, knüpft er einen Anspruch auf rückständigen Mehrbedarf nicht an die Voraussetzung, dass in der Auskunftsaufforderung auf die beabsichtigte Geltendmachung unterhaltsrechtlichen Mehrbedarfs hingewiesen worden ist. Damit besteht nunmehr auch in diesem bisher strittigen Punkt Klarheit darüber, welche Anforderungen an ein eine Rückstandsforderung eröffnendes Auskunftsverlangen nach § 1613 Abs. 1 BGB zu stellen sind.
Dazu gehört, wie der BGH unter Verweis auf die Gesetzesmaterialien hervorhebt, die Bezugnahme auf einen bestimmten Unterhaltsanspruch, also darauf, ob Ehegattenunterhalt oder Kindesunterhalt verlangt wird. Wegen der unterschiedlichen gesetzlichen Regelung wird man auch eine zwischen Trennungsunterhalt und nachehelichem Unterhalt differenzierende Geltendmachung fordern müssen. Das Auskunftsverlangen muss sich auf denselben Anspruch beziehen, der später gefordert wird. Die unterhaltsberechtigte Person ist konkret zu benennen. Hierauf ist beim Kindesunterhalt für eheliche Kinder besonderes Augenmerk zu richten: Bis zur rechtskräftigen Scheidung der Eltern ist der Obhutselternteil gemäß § 1629 Abs. 3 S. 1 BGB anspruchsberechtigt, danach das Kind selbst, vertreten bei gemeinsamer Sorge gemäß § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB durch den Obhutselternteil oder aber im Fall der Alleinsorge durch den allein sorgeberechtigten Elternteil.
Kernaussage der BGH-Entscheidung ist die Annahme einer einheitlichen Verzugswirkung für den gesamten betroffenen Unterhaltsanspruch. Es muss nicht nach einzelnen Bedarfen differenziert werden. Dies entspricht der Sichtweise zum Altersvorsorgeunterhalt. Wie der BGH schon im Jahr 2006 entschieden hat, kann dieser auch dann für die Vergangenheit beansprucht werden, wenn Auskunft zur Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs ohne gesonderten Hinweis auf ein Altersvorsorgeunterhaltsverlangen begehrt worden ist.
Die vom OLG Schleswig für die strengere Beurteilung beim Mehrbedarf angeführten Gesichtspunkte der Warnfunktion des Auskunftsverlangens und des Schutzes des Unterhaltschuldners vor hohen Nachforderungen hat der BGH mit überzeugenden Argumenten nicht als durchgreifend angesehen. Im Rahmen einer systematisch-teleologischen Gesetzesauslegung sind auch die Interessen des Unterhaltsberechtigten an einer rechtssicheren, nicht an übermäßige inhaltliche Vorgaben gebundenen Inverzugsetzung des Pflichtigen zu berücksichtigen. Die Hürden für eine rückwirkende Anspruchsdurchsetzung lägen arg hoch, müsste der Unterhaltsberechtigte sich zur Geltendmachung eines über den Elementarbedarf hinausgehenden Bedarfs bereits zu einem Zeitpunkt verhalten, da er die Einkünfte des Unterhaltspflichtigen nicht kennt und nicht überschauen kann, ob insoweit überhaupt Leistungsfähigkeit besteht.
Wenn der Gesetzgeber die rückwirkende Inanspruchnahme auf Unterhalt nach der Neufassung des § 1613 BGB zum 1.7.1998 nicht mehr an das Erfordernis einer Mahnung knüpft, sondern ein Auskunftsverlangen zur Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs ausreichen lässt, dann erstreckt sich der gesetzliche Schuldnerschutz eben gerade nicht darauf, dass der Verpflichtete vor einer fest umrissenen Inanspruchnahme zu warnen ist. Damit sind keine weitergehenden Unsicherheiten als bei einem Begehren auf Ehegattenunterhalt verbunden, dessen Höhe sich ebenfalls nicht allein nach dem Einkommen des Pflichtigen richtet.
Bei gemeinsamer elterlicher Sorge ist der Pflichtige vor der Inanspruchnahme auf unangemessenen Mehrbedarf des Kindes zudem dadurch geschützt, dass für Maßnahmen, die eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung für das Kind betreffen, gemäß § 1687 Abs. 1 S. 1 BGB das Einverständnis des Unterhaltspflichtigen erforderlich ist. Dies gilt etwa für die Ausübung des Reitsports durch das Kind. Im Fall der alleinigen Sorgeberechtigung des Obhutselternteils ist der Unterhaltspflichtige insoweit geschützt, als er nur für angemessene Mehrbedarfskosten unter Berücksichtigung des Gewichts der dafür angeführten Gründe einzustehen hat.
Zu beachten ist bei der Nachforderung von Mehrbedarf, dass die rückwirkende Beanspruchung von Unterhalt nach Bezifferung der Forderung grundsätzlich auch dann auf den geltend gemachten Betrag beschränkt ist, wenn zunächst Auskunft begehrt worden ist. So ist die spätere Nachforderung von Altersvorsorgeunterhalt ausgeschlossen, wenn dieser mit der Bezifferung nicht geltend gemacht worden ist. Die verzugsgleiche Wirkung des Auskunftsersuchens vermag die Nachforderung auch unter dem Blickwinkel der Einheitlichkeit des Unterhaltsanspruchs schon deshalb nicht zu rechtfertigen, weil Verzug immer nur in Höhe des bezifferten Betrags begründet wird. Daher muss bei der an ein Auskunftsverlangen anschließenden Bezifferung der Forde...