Inge Saathoff
… so lautet das Thema unserer kommenden Mitgliederversammlung und Herbsttagung, welche in diesem Jahr in der Zeit vom 26. bis 28.11.2009 in Bamberg stattfinden wird. Zahlreiche Gesetzesänderungen wurden uns Familienrechtlern mit Wirkung zum 1. September aufgetischt. Die Unterhaltsreform ist noch nicht richtig verdaut und schon präsentieren sich uns die Reform des Familienverfahrensrechts sowie die Reform des Güter- und des Versorgungsausgleichsrechts.
Die Zäsur ist so umfangreich, dass kaum noch etwas ist, wie es einmal war. Bei derart vielen Neuerungen fällt es schwer, das Arbeitsaufkommen mit der üblichen Routine zu bewältigen, denn selbst wenn sich in Teilbereichen die Inhalte nicht verändert haben, haben zumindest die Verpackungen neue Namen erhalten. Bewährte Mustertexte und Antragsentwürfe bedürfen daher wenigstens einer sprachlichen Überarbeitung. Neue Fristen oder Antragsnotwendigkeiten sind zu beachten, beispielsweise wenn es um das Anhängigmachen von Folgesachen im Scheidungsverfahren geht oder auch darum, ob bei einer kurzen, nicht über drei Jahre währenden Ehe auf Antrag ein Versorgungsausgleich durchgeführt werden soll. Mit dem Ziel, Gerechtigkeitsdefizite im Zugewinn auszugleichen, sollen nun nicht nur für das Anfangs- und das Endvermögen Belegansprüche bestehen, sondern auch noch Auskunftsverpflichtungen über das Vermögen zum Trennungszeitpunkt. Leider hat der Gesetzgeber hier der Praxis die Lösung des Problems überlassen, wie in den streitigen Einzelfällen dieser Trennungszeitpunkt, der gerade für im Wert stark schwankende Werte erhebliche Auswirkungen haben kann, ermittelt werden soll. Da sollte sich der Praktiker doch wenigstens freuen, dass zumindest das Gesetz zur Strukturreform im Versorgungsausgleich seitens des Gesetzgebers die Zielvorgabe hat, den Versorungsausgleich anwenderfreundlicher und für die Beteiligten verständlicher zu machen. Ob dies gelungen ist, ist aber fraglich. Mithilfe des korrespondierenden Kapitalwertes soll eine Vorstellung vom jeweiligen Wert der Versorgung vermittelt werden. Andererseits sollen derartige Werte nicht einfach in einer Gesamtbilanz aller Vermögenswerte verrechnet werden dürfen. Wem kann man es da übel nehmen, wenn der Betrachter das Gefühl bekommt, dass sich hier ein kaum bezwingbarer Berg an Neuerungen auftürmt?
Wer allerdings schon einmal einen Berg bestiegen hat, weiß, dass sich die Mühe lohnt, da sich von oben betrachtet ein ganz neuer, weiterer Ausblick und auch ein besserer Überblick bietet. Machen Sie sich also auf unserer Herbsttagung gemeinsam mit uns auf die Wanderschaft durch das neue Verfahrensrecht in der Praxis, die neue Vereinbarungsfreiheit nach der Reform des Versorgungsausgleichs, die neuen Rechtsmittel im Familienverfahrensgesetz, die Spielräume im Verfahren des Zugewinnausgleichs und natürlich die Folgen der Reform für den Bereich der Gebühren, Kosten und Streitwerte und andere Vortragsthemen.
Nehmen Sie die Reformen als Chance für den im Familienrecht tätigen Rechtsanwalt, um zum Beispiel in bisher stiefmütterlich behandelten Rechtsgebieten einen neuen Einstieg zu finden. Nehmen Sie gestalterische Spielräume in der Beratung wahr, um so Ihrem Mandanten zu vielleicht besseren, in jedem Fall aber eigenverantwortlich gefundenen und damit eher akzeptierten Lösungen verhelfen zu können.
Mit Spannung erwarten wir am Samstag den Schluss des Fachprogramms. In einem Streitgespräch "Von der Billigkeit zur Beliebigkeit" werden Herr VRiOLG Stuttgart Dr. Hans-Ulrich Maurer und Herr RiBGH Dr. Frank Klinkhammer ihre unterschiedlichen Positionen darstellen und verteidigen.
In gewohnter Weise schließt unsere Herbsttagung mit der Mitgliederversammlung. Über eine rege Teilnahme würden wir uns freuen.
Inge Saathoff, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht, Oldenburg