Selbst wenn man mit der Rechtsprechung aber einmal davon ausgeht, dass § 1381 BGB grundsätzlich anwendbar ist, wird es – jedenfalls nach der Judikatur des BGH – äußerst schwierig werden, Ergebnisse zu korrigieren. In ständiger Rechtsprechung vertritt nämlich der BGH die Ansicht, dass der Zugewinn eine starre schematische Regelung darstelle. Ein Leistungsverweigerungsrecht wird nur dann eingeräumt, falls "der – bewusst in rein schematischer und pauschalierender Art gestaltete – Ausgleichsanspruch in der vom Gesetz grundsätzlich vorgesehenen Weise ausnahmsweise dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise widersprechen würde. Zutreffend resümiert Schwab denn auch, dass sich "in der Rechtsprechung eine auffällige Vorliebe für die Bestandsfestigkeit alles einmal Errechneten ergebe"."
Die Gründe der oben zitierten Entscheidung des OLG Köln könnte man vielleicht für eine Korrektur heranziehen. In dem dortigen Verfahren war auf beiden Seiten im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung der 1/2-Anteil an der Ehewohnung mit einem festen Betrag berücksichtigt worden. Im Rahmen der vom Ausgleichspflichtigen selbst eingereichten Teilungsversteigerung hatte dann der Ausgleichsberechtigte die Immobilie zu Alleineigentum zu einem geringeren Preis erworben. Daraufhin kürzte das OLG den Ausgleichsanspruch des Berechtigten, weil er ja den Anteil zu einem günstigeren Kaufpreis erlangt hatte. Mit der Rechtsprechung des BGH ist eine derartige Entscheidung jedoch schwerlich in Einklang zu bringen. Bloße unbillige Ergebnisse reichten bisher niemals aus. Vielmehr muss in der Regel ein Verschulden hinzukommen, um eine Korrektur zu ermöglichen.
Diese Rechtsauffassung wird man nach der jetzigen Gesetzesnovelle erst recht vertreten müssen. Erkennbares Ziel der Neuregelung war es, den Ausgleichsberechtigten zu schützen. Vor allen Dingen die neue Norm des § 1379 i.V.m. § 1375 Abs. 2 BGB sollte Vermögens"korrekturen" zwischen Trennung und Rechtshängigkeit vorbeugen. Auch die endgültige Vorverlegung des Stichtages für die Berechnung und die Höhe der Ausgleichsforderung sollte späteren Manipulationen zuvorkommen. Im Übrigen sollte ursprünglich § 1378 Abs. 2 BGB dahingehend gefasst werden, dass (mit Ausnahme einer illoyalen Handlungsweise) dem Ausgleichsverpflichteten zumindest die Hälfte seines Vermögens zu verbleiben hatte. Diese im Entwurf der Bundesregierung vorgesehene Garantie eines Vermögensmindestbestandes ist jedoch gerade nicht Gesetz geworden. Vielmehr hat der Gesetzgeber ohne weiteres in Kauf genommen, dass ein Vermögensverlust in Höhe von 100 % erfolgen kann, insbesondere wenn negatives Anfangsvermögen im Laufe der Ehezeit abgebaut und positives Vermögen aufgebaut wird. Kurzum: Die Vorschriften sind im Ergebnis noch "holzschnitzartiger" und starrer formuliert worden. Dies mit allgemeinen Billigkeitsvorschriften zu unterlaufen, würde die Gesetzesintention (Schutz des Berechtigten) konterkarieren.
Im Übrigen stößt bei der ganzen Erörterung eines besonders auf: Derartige Diskussionen finden immer nur dann statt, wenn ein Wertverfall zu Lasten des Ausgleichspflichtigen ansteht. Sofern der Ausgleichspflichtige einen für ihn günstigen Zeitpunkt ausgewählt hat und der Aktienkurs später erheblich steigt, ist bislang niemand auf den Gedanken verfallen, dem Berechtigten sozusagen eine Art Bonuszahlung zuzubilligen. Derartige Ergebnisse werden als billig angesehen. Volatile Vermögenswerte bergen demzufolge nicht nur allgemeine Bewertungsrisiken. Risiken – und nicht nur Chancen – liegen vielmehr auch im Rahmen der familiären Vermögensauseinandersetzung.