A. Rechtstatsächliche Bedeutung und rechtliche Fragestellungen
Die unterhaltsrechtliche Bedeutung der Fremdbetreuungskosten für Kinder hat bis in die jüngste Vergangenheit eine wechselvolle Geschichte: Für die Zeit vor Inkrafttreten des Unterhaltsänderungsgesetzes [UÄndG 2007] kam der Problematik, welcher Elternteil etwa für die Kindergartenbeiträge aufzukommen hat, eine ausgesprochen untergeordnete praktische Bedeutung zu. Dies hat umso mehr verwundert, als solche Kosten doch auch bis dahin in einer fast schon unvorstellbaren Zahl von Fällen angefallen sein mussten. Zudem ist erstaunlich, dass die mit der Tragung der Fremdbetreuungskosten zusammenhängenden Fragen nicht öfters "ausgestritten" wurden und bislang auch – noch – nicht werden. Erst in den letzten Jahren vor dem Inkrafttreten des UÄndG 2007 hatte sich die Praxis dieser Problematik mit steigender Tendenz anzunehmen – die Unterhaltsberechtigten haben aus wirtschaftlicher Not die Betreuungskosten als zusätzlichen Unterhalt "entdeckt" –, und sie hat den BGH erreicht, der sich nunmehr zum dritten Mal innerhalb kurzer Zeit mit ihr zu befassen hatte.
In rechtlicher Hinsicht geht es zunächst darum, welche Fremdbetreuungskosten überhaupt anzuerkennen sind (I.). Sodann um ihre berücksichtigungsfähige Höhe (II.), wem sie zuzuordnen sind und wer sie zu bezahlen hat (III.). Im Folgenden werden die Fragenkreise I. – II. nur kurz dargestellt, der Schwerpunkt des Beitrags befasst sich mit der Qualifikation der Fremdbetreuungskosten.
I. Fremdbetreuungsart
Der BGH hatte sich bislang mit Kindergartenbeiträgen und den Kosten für den Besuch einer Kindertagesstätte zu befassen. Doch ist die Problematik keineswegs auf diese Kostenarten beschränkt, vielmehr umfasst sie die Kosten für jede Art von Fremdbetreuung. Immer dann, wenn Kosten für die Betreuung des Kindes – Kinderkrippe, Kinderhort, Ganztages- und Hausaufgabenbetreuung durch die Schule, Tagesmutter, Verwandte, Bekannte – anfallen, sind dies unterhaltsrechtlich berücksichtigungsfähige Kosten (dazu näher unten III.). Und auch dann, wenn Verwandte und Bekannte die Betreuung kostenfrei übernehmen, sind entsprechende Kosten fiktiv anzusetzen, weil vermutet werden kann, dass die Nichterhebung von Kosten nicht der Entlastung des Unterhaltspflichtigen dienen soll; ihm steht die Möglichkeit offen, diese Vermutung zu widerlegen.
Daneben setzt die Ansatzfähigkeit der Kosten lediglich ihre Erforderlichkeit voraus. Die Beurteilung der Erforderlichkeit kann ganz unterschiedlich ausfallen, je nachdem, wie sich die wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern und von diesen abgeleitet die Lebensstellung der Kinder darstellt.
II. Höhe der Kosten
Der BGH sah bislang die Kosten für den halbtätigen Besuch eines Kindergartens bis zur Höhe von 50 EUR, weil sozialadäquat, von den Tabellensätzen der Düsseldorfer Tabelle gedeckt, den sich ggf. ergebenden Restbetrag hat er als Mehrbedarf des Kindes qualifiziert. Dies hat schon bislang nicht überzeugt, weil nicht erkennbar wurde, woraus sich denn die Sozialadäquanz eines halbtägigen Kindergartenbesuchs ergibt. Für die Zeit ab 1.1.2008 hat insbesondere Klinkhammer nachgewiesen, dass Betreuungskosten nicht zum sächlichen Existenzminimum i.S.d. § 27 Abs. 1 SGB XII zählen und deshalb nicht vom Mindestunterhalt nach § 1612a BGB umfasst sein können. Deshalb entscheidet sich der BGH nunmehr zutreffend für den Ansatz der vollen Kosten für eine Kindertagesstätte, ohne dies allerdings auch ausdrücklich zu sagen. Abzusetzen sind lediglich die Verpflegungskosten, weil durch sie die Kosten für die häusliche Verpflegung erspart werden. Der BGH nimmt dies nunmehr auch für die Zeit bis 31.12.2007 an und führt damit eine Korrektur seiner bisherigen Rechtsprechung durch, die nur noch dann praktisch relevant wird, wenn auch bereits für diese Zeitspanne in Verzug gesetzt wurde oder R...