Dr. Eva Niebergall-Walter
Anlass der Umfrage waren die, auch in der Tagespresse, geführten Diskussionen um die Situation der Jugendämter, die um eine ausreichende finanzielle und personelle Ausstattung kämpfen.
Die befragten Kolleginnen und Kollegen bescheinigen den Jugendämtern, dass sich die Bearbeitungszeit für den schriftlichen Jugendamtsbericht innerhalb der letzten Jahre überwiegend nicht verändert hat.
Gerechnet ab Einleitung eines Verfahrens geht dieser Bericht in der Regel innerhalb von 1–3 Monaten bei Gericht ein, nachdem das Jugendamt einen Kontakt zu den Eltern hatte.
Im Gerichtstermin erscheint ein Vertreter des Jugendamtes, je nach Region manchmal oder regelmäßig, wobei es sich nicht immer um den eigentlich zuständigen Sachbearbeiter handelt. Der Vertreter ist dann keineswegs immer ausreichend informiert.
Zu einem Wechsel des Sachbearbeiters kommt es während eines gerichtlichen Verfahrens selten.
Eigene Ermittlungen bei Schulen, Kindergärten etc. führt das Jugendamt entweder gar nicht oder nur selten durch.
Der Informationsfluss von Anwalt zu Jugendamt über den Stand des Verfahrens ist gering. Gelangt man zu den gleichen Ergebnissen, wenn die Anhörung der Eltern durch andere Institutionen als das Jugendamt erfolgt?
Eine derartige Aufgabenübertragung wird regelmäßig in Hamburg vorgenommen, in anderen OLG-Bezirken wird von dieser Möglichkeit nur selten oder gar nicht Gebrauch gemacht. In Teilbereichen ändert sich durch die Übertragung, die überwiegend von dem eingeschalteten Familiengericht veranlasst wird, wenig.
Auch hier liegt dem Gericht ein schriftlicher Bericht (der in der Regel wiederum vom Jugendamt gefertigt wird) nach 1–3 Monaten vor, hat sich die Bearbeitungszeit nicht verlängert, erscheint ein Vertreter der Institution (oder ab und zu doch des Jugendamts) meist regelmäßig zum Termin und kommt es selten zu einem Wechsel des Sachbearbeiters während des Verfahrens.
Unterschiede sind aber in anderen Punkten festzustellen:
- Die Zahl der Kontakte zu den Eltern steigt auf 2–3 Termine.
- Im Gerichtstermin erscheint öfter der eigentlich zuständige Sachbearbeiter oder ein gut informierter Vertreter.
- In größerer Zahl werden eigene Ermittlungen durchgeführt.
- Es kommt häufiger zu einem Kontakt zwischen Anwalt und der jeweiligen Institution.
- Der Kreis der eingeschalteten Institutionen ist vielfältig.
Er reicht von Vereinen und Stiftungen wie dem Verein "Kind (ge) recht" und der Pestalozzi-Stiftung in Hamburg über die bekannten Beratungsstellen wie Diakonie, Caritas etc. bis zu Verfahrenspflegern, auf die beispielsweise in den OLG-Bezirken Berlin, Braunschweig, Dresden, Köln, Koblenz, Oldenburg und Schleswig ab und zu zurückgegriffen wird.
Die Ersetzung des Jugendamtes durch eine andere Institution mag – wie dargelegt – bundesweit nur von geringer Relevanz sein.
Die Unterschiede in der dann folgenden Sachbearbeitung lassen aber den Schluss zu, dass die anderen Institutionen über größeren zeitlichen und personellen Spielraum verfügen, um die übertragenen Aufgaben auszuführen.
Darauf weisen auch die Reaktionen der betroffenen Elternteile hin. Nach Angaben der Kolleginnen und Kollegen, in deren Bezirk eine Aufgabenübertragung stattfindet, reagieren die Parteien positiv auf die geänderte Situation und empfinden die Sachbearbeiter als engagierter. Termine kommen schneller zustande und die Sachbearbeiter haben mehr Zeit.
Die Bemühungen um eine bessere Ausstattung der Jugendämter sollten daher Gehör finden, insbesondere wenn man an die Umsetzung der Neuregelungen des FamFG denkt.
Dr. Eva Niebergall-Walter, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht, Kaiserslautern, Mitglied des Geschäftsführenden Ausschusses