Die genannten Probleme treffen die große Mehrheit der Frauen, die eine Grundlage für ihren Gleichheitswunsch suchen und daher eine Wiederaufnahme der Berufstätigkeit nach einer Unterbrechung anstreben. Nicht zuletzt aus diesem Motiv heraus werden immer seltener mehr als zwei Kinder geboren. Hier kann eingewendet werden, dass Frauen "früher" auch gearbeitet haben. Das ist natürlich richtig; allerdings zeigen alle empirischen Studien zur Erwerbsarbeit von Müttern bis in die 1960er Jahre, dass die materielle Not das entscheidende Motiv dafür war. (Hoch qualifizierte Frauen mussten in der Regel auf Ehe und Mutterschaft verzichten, wenn sie berufstätig bleiben wollten.) Seitdem jedoch wandelt sich die Erwerbstätigkeit von Frauen von "einer zweckgebundenen Übergangstätigkeit zu einer ( … ) berufsorientierten Dauertätigkeit" (Schmid 1979). Es geht seit den 1970er/1980er Jahren für Frauen immer weniger darum, das Familienbudget zu erhöhen, sondern zunehmend ausgeprägter um die subjektiv befriedigenden Aspekte von Arbeit, um den Bezug zu öffentlichen Sphären, um den eigenen Erfahrungsbereich, die "Bewährung" im Beruf – und das gilt auch für die unteren und mittleren Qualifikationsstufen. Berufstätige Frauen verbinden also ihre Erwerbsarbeit mit einem spezifischen subjektiven Sinn.
Diese Prozesse sind Teil des gesellschaftlichen Wandels in Richtung post-industrielle Gesellschaft, denn das Geschlechterverhältnis wird dabei in anderer Weise thematisiert und reguliert als im industriegesellschaftlichen Kontext. Es spiegelt sich die Veränderung des subjektiven Sinns von Berufstätigkeit auch in den öffentlich kommunizierten Leitbildern, an denen sich das individuelle Handeln implizit orientiert; während bislang eine krasse Alternative zwischen der "guten Mutter" und der "berufstätigen Frau" gesehen wurde, setzt sich nun das (post-industrielle) Leitbild der berufstätigen Mutter durch. Eine außerhäusliche Tätigkeit schadet demnach dem Kind nicht. Dass dieses Leitbild heute das bei weitem dominante ist, ist empirisch belegt, und daran können auch publizistische Schlachten, die immer wieder neu eröffnet werden, nichts ändern. Zur Illustration ein prägnantes Zitat aus einer Studie, die in meinem Arbeitsbereich kürzlich abgeschlossen wurde: "Je berufstätiger ich bin, desto besser bin ich als Mutter."
Zugleich wird der eigenständige Berufsverlauf von Frauen auch institutionell gefordert; während im industriegesellschaftlich geprägten "Modell Deutschland" die Institutionen einschließlich der Tarifpolitik so gebaut waren, dass ab dem Facharbeiterniveau ein Familienlohn gezahlt wurde, soll heute tendenziell jeder und jede Erwachsene für den eigenen Lebensunterhalt erwerbstätig sein. So nimmt die Sozial- und Arbeitsmarktpolitik zunehmend den "adult worker" (Lewis 2004) in den Blick – die erwachsene Person, die unabhängig von Geschlecht und Lebensform erwerbstätig ist. In der Renten- und der Arbeitslosenversicherung wird zunehmend der je individuelle Beitrag für die Absicherung relevant, die überkommene ehebezogene Absicherung verheirateter Frauen ist schon jetzt vielfach nicht mehr "armutsfest". Konzeptionell kann hinter dieser Tendenz der Übergang vom "sorgenden Wohlfahrtsstaat", der dem einzelnen Erwerbstätigen Stabilität und Erwartungssicherheit bot, zum "aktivierenden Wohlfahrtsstaat" identifiziert werden (vgl. die Beiträge in Evers/Heinze 2008), der von den Erwerbstätigen aktive Erwerbsstrategien, Mobilität, Innovationsbereitschaft – insgesamt die Fähigkeit, mit Unsicherheit produktiv umzugehen, erwartet.