Mit der kontinuierlich steigenden Erwerbsbeteiligung von Frauen ist die Familienernährerehe auf dem Rückzug, und das "Zuverdiener-Modell" mit Teilzeitarbeit der Frau gewinnt an Boden. Dieser Entwicklung entspricht auch die "Bevölkerungsmeinung, die auf eine große normative Stabilität dieses Modells verweist: So liegen die durchschnittlichen Wunscharbeitszeiten seit Jahren bei den westdeutschen Frauen unverändert bei 29, bei den ostdeutschen Frauen um die 35 Stunden pro Woche. Hinter diesen Durchschnittswerten verbirgt sich jedoch ein Trend zur Mitte, nach dem Frauen vor allem Arbeitszeiten um die 20 oder 30 Stunden oder (bei Vollzeit) 40 Stunden anstreben, anstelle geringfügiger oder extrem langer Wochenarbeitszeiten" (Holst 2007: 213). Die Präferenz für Teilzeitarbeit beruht jedoch nicht zwangsläufig auf freier Entscheidung, sondern sie ist auch Ausdruck arbeitsmarktstruktureller, institutioneller und normativer Bedingungen und somit das Ergebnis "adaptiver Präferenzbildung". Denn kurze Wochenarbeitszeiten führen dazu, dass sich der Abstand zwischen den Einkommen von Frauen und Männern nicht verringert, Frauen in Führungspositionen deutlich unterrepräsentiert sind und Defizite in der sozialen Sicherung entstehen.
Der Anstieg der Erwerbsbeteiligung soll jedoch auch nicht überbetont werden; mit Ausnahme der 1950er Jahre war immer ein sehr großer Teil der verheirateten Frauen in irgendeiner Form erwerbstätig – allerdings nicht immer in sozialversicherungspflichtiger Form. Wie eine Langzeit-Studie zu den Geburtskohorten von Frauen und Männern seit 1901 zeigt, waren Frauen bis in die 1980er Jahre nur schwach auf bestimmte Erwerbsformen und Verlaufsmuster festgelegt. Denn wenn unregelmäßige, stundenweise und "mithelfende" Beschäftigung und Heimarbeit einbezogen wird, zeigt sich, dass auch im industriegesellschaftlichen Kontext viele verheiratete Frauen erwerbstätig waren – allerdings oft unterhalb der Wahrnehmungsschwelle der Öffentlichkeit und der Statistik. Es "findet sich keine Dominanz nur eines Verlaufs, wie sie bei den Männern durch die Vorherrschaft des Normalerwerbsverlaufs gegeben ist." (Berger/Sopp 1992: 177) Eine stärkere Vereinheitlichung ergab sich erst im Zuge des post-industriellen Umschwungs und der starken Zunahme von Dienstleistungsbeschäftigung zugunsten eher kurzer Unterbrechungszeiten und höherer Wochenarbeitszeit, weil mit Erziehungsurlaub und Teilzeitarbeit grundsätzlich eine kontinuierliche Erwerbsbeteiligung möglich wurde. Im Vergleich zu der Zeit vor 1980 haben sich also sowohl die Lebenslaufstrukturen als auch Lebensentwurf und biographisches Handeln von Frauen verändert – geblieben ist jedoch, dass es nicht nur den einen – sozial und statistisch dominanten – Verlauf gibt.